War nun die Aussicht auf einen lukrativen Zusatzverdienst oder nur unverantwortliche Wichtigtuerei Auslöser des Organspendeskandals in Göttingen und Regensburg? Da gingen die Meinungen zwischen den Kreisräten der SPD und Professor Dr. Martin Anetseder vom Krankenhaus Landshut-Achdorf bei einem Info-Besuch auseinander.
Einig war man sich, wie sehr diese Unregelmäßigkeiten der Idee der Organspende geschadet haben und wie wichtig es sei, neues Vertrauen aufzubauen. Denn die Spender-Bereitschaft sei nach wie vor unverzichtbar, um zehntausenden schwerkranken Menschen die Chance auf einen Neustart im Leben zu ermöglichen. Fraktionsvorsitzende Ruth Müller nannte in diesem Zusammenhang den Chef der SPD-Bundestagsabgeordneten, Frank-Walter Steinmeier, als leuchtendes Beispiel, der vor einiger Zeit seiner Frau seine Niere gespendet hat.
„Viele Menschen, die beispielsweise eine Spenderniere erhalten, feiern – nach einer meist mehrjährigen leidvollen Dialysebehandlung – diesen Tag als Erlösung von der Maschine", stelle Ruth Müller fest und fügte hinzu, andere könnten den Gewinn an Lebensqualität buchstäblich mit eigenen Augen sehen, wenn sie die wiedergewonnene Sehkraft einer gespendeten Hornhaut verdankten. Die christlichen Kirchen betrachteten die Bereitschaft zur Organspende als Zeichen der Nächstenliebe und Solidarisierung mit kranken und behinderten Menschen, räumten jedoch der freien Entscheidung des Spenders einen hohen Stellenwert ein, so die Vorsitzende weiter.
Häufig emotional problematische Situationsentscheidung
Professor Dr. Anetseder ging aus ärztlicher Sicht gerade auf diesen Aspekt besonders ein. Wenn ein Patient vor seinem Ableben keine klare Erklärung über eine mögliche Organspende gegeben habe, laste unmittelbar nach einem einschneidenden Ereignis wie dem Tode zusätzlich zur allgemeinen emotionalen Belastung auf den Angehörigen auch noch die Entscheidung über eine Organentnahme. In dieser Situation könne keine rational getroffene Meinungsbildung erwartet werden und so falle aus der Unsicherheit heraus nicht selten eine negative Entscheidung. Mit seiner Erklärung auf dem Organspendeausweis könne man seine nächsten Anverwandten vor dieser schwierigen Situation bewahren.
Der Mediziner ging auch auf einige unverrückbare Regeln als Voraussetzung für eine mögliche Spende von Organen ein. Nach einem standardisierten Verfahren müsse zunächst von zwei erfahrenen Ärzten der Hirntod als endgültiger und nicht behebbarer Ausfall aller Hirnfunktionen festgestellt werden.
Der Ablauf dieser klinischen und apparativen Untersuchungen sei exakt vorgeschrieben. Nach dieser Diagnose setze im Fall einer Spende innerhalb von sechs bis acht Stunden ein ebenfalls streng geregelter Ablauf zur Organentnahme ein.
Organspender beliben stets unbekannt
Wichtig zu wissen sei noch, dass es in Deutschland keinen Organhandel gebe. Zuwiderhandlungen würden nach dem Transplantationsgesetz als Straftat verfolgt. Deshalb sei die Organspende für den Empfänger aus gutem Grund auch kostenlos. Dieser erfahre auch nicht, von wem der neue Körperteil stamme. Damit wolle man etwaigen emotionellen Problemen vorbeugen. Für die Spender gebe es keine feste Altersgrenze. Ob Organe für eine Transplantation geeignet seien, werde im Todesfall individuell nach medizinischen Gesichtspunkten beurteilt. Es müsse auch niemand die unterschwellige Befürchtung haben, einem Patienten, der sich als Organspender eigne, würden im Falle einer Erkrankung notwendige Therapien vorenthalten. Dies schließe die ärztliche Ethik kategorisch aus. Jeder Mensch sollte bei der sicher nicht leichten Entscheidung vielmehr in seine Überlegungen einbeziehen, dass ständig rund 10.000 schwerkranke Patienten sehnsüchtig auf ein Spenderorgan warteten.
Im Bild oben: Überzeugt von der Notwendigkeit der Organspende zeigte sich die SPD-Kreistagsfraktion mit ihrer Vorsitzenden Ruth Müller nach dem Fachgespräch mit Professor Dr. Martin Anetseder.