Landshut (14.08.20189 Seit den jüngsten Veröffentlichungen um die Spenderlungen-Transplantation für Formel-1-Legende Niki Lauda ist das Thema Organspende präsenter denn je und doch ist es für viele Menschen ein Thema, das ganz weit weg zu sein scheint – das man bis zuletzt meidet. Sich damit zu beschäftigen, bedeute schließlich auch, sich mit dem Tod auseinandersetzen zu müssen. Doch wer will das schon? „Es ist kein einfacher, aber ein wichtiger und notwendiger Schritt“, sagen Elisabeth Sommersgutter und Anneliese Kronfeldt, die eine Selbsthilfegruppe für Nierenkranke und Angehörige leiten. „Es ist ein wichtiges Thema, das jeden treffen kann“, bekräftigt Oberbürgermeister Alexander Putz, der selbst seit vielen Jahren einen Organspendeausweis besitzt.
Weil auch ihm das Thema sehr am Herzen liegt, hat er die Gruppenleiterinnen im Nachgang der jüngsten Jubiläumsveranstaltung der Selbsthilfegruppe, bei der er ebenfalls zu Gast war, zu einem Treffen ins Rathaus eingeladen, um gemeinsam an die Bürger zu appellieren: „Bitte denken Sie frühzeitig darüber nach und sprechen Sie mit ihrer Familie und Nahestehenden darüber.“
„Nimm Deine Organe nicht mit in den Himmel, denn der Himmel weiß, wir brauchen sie hier“, ist auf dem Plakat der Selbsthilfegruppe zu lesen. Es ist ein treffender Titel, der leise und zurückhaltend auf das Thema Organspende hinweist, der berührt – der zum Nachdenken anregt. Dass sich Menschen mit dem Thema befassen, darüber nachdenken und miteinander sprechen, eine Entscheidung dafür oder dagegen fällen – genau das ist Elisabeth Sommersgutter und Anneliese Kronfeldt ein Herzensanliegen. Mit ihrer Selbsthilfegruppe für Nierenkranke und Angehörige, Dialysepatienten und Nierentransplantierte setzen sie sich mit aller Kraft dafür ein, rund um das Thema Organspende aufzuklären und für Betroffene sowie ihre Angehörigen da zu sein. Sommersgutter und Kronfeldt wissen aus eigener Erfahrung nur zu gut um die Bedeutung und Wichtigkeit dieses Themas: Eine Organspende hat auch das Leben ihrer Ehepartner gerettet.
"Hätte ich doch…“: Warum eine Entscheidung wichtig ist
Die meisten werden erstmals durch den Verlust eines geliebten Menschen mit dem Thema konfrontiert: Wenn zu Lebzeiten keine Entscheidung des Verstorbenen zur postmortalen Organspende vorliegt, müssen die nächsten Bevollmächtigten eine Entscheidung für die verstorbene Person fällen.
Wie Sommersgutter ergänzte, gebe es in der Frage keine richtige oder falsche Antwort – wichtig sei nur, frühzeitig eine Entscheidung zu treffen, damit trauernden Hinterbliebenen in dieser ohnehin stark belastenden Situation diese schwierige Aufgabe erspart bleibe.
In Deutschland warten laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung einer Erhebung zufolge mehr als 10.000 Patienten auf ein Spenderorgan. Der Bedarf an benötigten Organen ist deutlich höher als die Zahl der gespendeten Organe. Auf eine Spenderniere beispielsweise warten Patienten im Durchschnitt sechs bis sieben Jahre. Umso wichtiger sei es, so Kronfeldt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, auch wenn es für viele nicht einfach sei. Man müsse sich bewusst werden, dass mit jeder Organspende das Leben eines todkranken Menschen gerettet werden könne: „Ein nahestehender Mensch oder gar man selbst hat eines Tages vielleicht auch nur eine Chance, wenn andere spenden.“
Altersgrenze? Es gibt keine
Wie die Leiterinnen ergänzten, stießen sie im Gespräch über das Thema oft auf Skepsis, Vorurteile und Ängste, die jedoch meist aus Unwissenheit resultierten. Viele Senioren hätten Bedenken, dass sie zu alt für einen Organspendeausweis seien: „Ältere Menschen können und sollen bitte spenden“, betont Sommersgutter. Auch die funktionstüchtige Niere eines 80-jährigen Verstorbenen könne einem Dialysepatienten wieder ein fast normales Leben schenken. Es gibt keine Altersgrenze – entscheidend sei der Zustand der Organe.
Viele würden zudem befürchten, dass man als Organspendeausweis-Inhaber im Fall der Fälle benachteiligt werden würde. Auch hier brauche niemand Angst haben. Eine postmortale Organentnahme unterliege klar definierten rechtlichen Voraussetzungen: Erst der von Ärzten zweifelsfrei festgestellte unumkehrbare Ausfall der gesamten Hirnfunktionen (Hirntod), der Zustand, in dem der Körper durch Maschinen am Leben gehalten wird, aber der Geist schon tot ist, ermögliche eine Organentnahme – und damit das Leben eines anderen Menschen zu retten.
Wertvoller Erfahrungsaustausch, aber auch geselliges Beisammensein
Sommersgutter und Kronfeldt laden Betroffene, Dialysepatienten und Nierentransplantierte sowie Angehörige zu ihren monatlichen Treffen ein. Die Selbsthilfegruppe besteht seit 25 Jahren und zählt gegenwärtig circa 50 Mitglieder. Es werden keine Beiträge erhoben, die Mitgliedschaft ist kostenlos. „Bei uns wird nicht, wie viele meinen, nur über Krankheiten geredet“, so Kronfeldt. Wer Bedarf habe, darüber zu sprechen, habe selbstverständlich jederzeit die Möglichkeit. Gerade der gemeinsame Erfahrungsaustausch helfe dabei, Kraft und Mut zu schöpfen. Darüber hinaus würden themenbezogene Vorträge und eine Ernährungsberatung angeboten. Mit verschiedenen weiteren Veranstaltungen, wie beispielsweise Ausflügen, einem Grillfest oder einer gemeinsamen Weihnachtsfeier solle aber auch das Gesellige nicht zu kurz kommen: „Wir wollen zeigen, dass man auch danach noch lachen kann“, so die Leiterinnen: „Wer möchte, ist herzlich eingeladen.“ Jeden ersten Donnerstag im Monat trifft sich die Runde um 19 Uhr im Gemeindehaus der Erlöserkirche, Konrad-Adenauer-Straße. Informationen gibt es auch unter Telefon 0871-22805 oder unter 08773-1035.
Foto:
Stadt Landshut (Abdruck mit Quellenangabe honorarfrei)
Bildunterschrift:
(von links) Oberbürgermeister Alexander Putz, Anneliese Kronfeldt und Elisabeth Sommersgutter haben eines gemeinsamen: Sie besitzen einen Organspendeausweis. „Es geht nur, wenn Menschen im Falle des Todes bereit sind, zu helfen“, so Putz. Da auch ihm das Thema sehr am Herzen liegt, unterstützt er die Leiterinnen der Selbsthilfegruppe mit einem Appell an die Bürger, frühzeitig über das Thema Organspende nachzudenken und im Familienkreis darüber zu sprechen.