Imposanter Blick - im Vordergrund Manu - von der Bühne auf den „Regenbogenplatz“ am Ländtor. - Fotos: W. Götz
Landshut - gw (28.09.2019) Der Regenbogenplatz, wie Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth den Ländtorplatz augenzwinkernd nannte, war zu klein für die Teilnehmer des ersten CSD-Zuges in Niederbayern. Schon beim Start der Parade am Bismarckplatz waren über 1.000 dabei, die sich für sexuelle Toleranz aussprechen. Entlang des Zuges waren es gut noch mal so viele unterstützende Passanten.
Mit Technorhythmen zog der CSD vom Bismarckplatz in Richtung Altstadt.
Irgendwie lag ab kurz nach Mittag eine gewisse Spannung über der Stadt. Der Verein „Queer in Niederbayern“ hat zur ersten Parade Schwuler, Lesben, Transsexueller, Bisexueller, Transgender und so weiter aufgerufen. Mit Spannung wurde erwartet, wer kommt und wie viele kommen? Als sich der Zug vom Bismarckplatz aus in Bewegung setzte, transformierte sich die Spannung in eine völlig offene und bunte Gemeinschaft, die zu Ausdruck brachte: Seid so wie ihr wollt – wir akzeptieren euch. Über Landshut strahlte ein Leuchtfeuer der Glückseligkeit unter der Regenbogenfahne.
Selbst vor dem historischen Rathaus in der Altstadt waren die Fahnen der Toleranz gehisst. Unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Alexander Putz wurden - dem definitiv nicht nur aus heterosexuellen bestehende Zug - die Türen geöffnet, ihren Slogan "Himmel Landshut, Tausend Farben“ frei leben zu dürfen.
Selten zuvor hat der Ländtorplatz eine solche Dichte und Fülle gutgelaunter Bürger*innen erlebt, als die Parade eintraf. Alle waren locker und easy, alle waren happy und begeistert und alle waren gespannt auf die „Queen des Tages“, auf Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.
An der Spitze des Zuges mit dabei: MdL Rosi Steinberger und MdB Erhard Grundl (links) sowie Maximilian Retzer, Vorsitzender Grüne Jugend Passau.
Moderatorin „Manu“ stimmte in ihrer Begrüßung ein, um was es heute ging: „Liebe ist bunt und heirate wen du willst.“ 72 CSD's gibt es bereits in Deutschland aber keinen bisher in Niederbayern. „Das kann doch nicht sein, wir sind hier nicht weniger queer, als anderswo...“, rief Manu ihrem Publikum zu. „Braucht es das 2019 noch?“, fragte sie. „Seht doch, wie bunt und tolerant Landshut heute ist!“
Manus Respekt galt insbesondere den Organisatoren des CSD in Landshut, dem Vorstandsteam von „Queer in Niederbayern“, Marlene Schönberger und Herbert Lohmeyer, die es schafften, diese Veranstaltung innerhalb von nur 100 Tagen zu organisieren.
Haben innerhalb von nur 100 Tagen ein buntes Fest für Tausende organisiert: Marlene Schönberger und Herbert Lohmeyer.
„Hass, Gewalt und Diskriminierung haben keinen Platz in Niederbayern“, begann Marlene Schönberger ihr Statement. „Denn wir stehen hier für Liebe, Toleranz und eine offene Gesellschaft und müssen die Rechte für queere Menschen einfordern.“
Stadtrat und Generalsekretär der Bayerischen FDP, Norbert Hoffmann, konnte seine Begeisterung in Vertretung von Oberbürgermeister Alexander Putz kaum zügeln: „Wie geil ist 'Das' denn hier“, rief er vor dem proppenvollen Ländtorplatz ins Publikum. „LA ist bunt und heute noch bunter, das ist 'meine' Stadt.“ Hoffmann fasste die Stimmung des Tages zusammen: „Es gab Leute, die gesagt haben, 'brauchts das?' und es gab Leute sie sogar gemeint haben zu wissen, dass es so etwas bei uns 'nicht braucht!'. Und das hier ist das Zeichen dafür, dass es wichtig ist, für Akzeptanz, Vielfalt und Gleichberechtigung laut die Stimme zu erheben.“
"Ja, es braucht den CSD in Landshut und Niederbayern": Norbert Hoffmann
Als stellvertretender Landrat war auch Fritz Wittmann überwältigt von der Teilnehmerzahl. „Es war höchste Zeit, dass der CSD nach Landshut und Niederbayern kam. Das zeugt von einer liberalen und modernen Gesellschaft, die sich Frohsinn auf die Fahnen schreibt.“ Wittmann erinnerte an die Anfänge des CSD, als Leute wegen ihrer Sexualität verfolgt wurden und gegen Polizeiwillkür 1969 in New York erstmals auf die Straße gingen. Wittmann mahnte auch: „Wir haben noch einen weiten Weg zur Toleranz.“
„Seid willkommen auf diesem wunderbaren Regenbogenplatz“ begrüßte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth alle auf dem Ländtorplatz und sprach mit einem Blick in die Zukunft: „Wenn ich mir das anschaue, war das nicht der letzte CSD in dieser Stadt.“ Für sie hat der Christopher Street Day eine ganz wichtige Funktion: „Eine Rebellion gegen die Feinde der Demokratie“.
Dass es den Christopher Street Day seit 50 Jahren gibt, sei wichtiger denn je, so Claudia Roth. So wurden schon einige Hürden geschafft, wie die Abschaffung des Paragraphs 175 (sexuelle Handlungen zwischen Personen männlichen Geschlechts, Anm. d. Red.) vor 25 Jahren aus dem Strafgesetzbuch und die Einführung der Ehe für alle vor wenigen Jahren.
Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth bleibt ihrer Linie für Akzeptanz, Toleranz und Gerechtigkeit treu.
Doch Roth führte auch deutlich die Realität in einigen Ländern der Welt vor Augen, in denen gleichgeschlechtliche Liebe mit dem Tot bestraft wird. Daher ermunterte sie alle, „heute mit Energie zu feiern, was wir erreicht haben“ und "gleichzeitig das auch zu verteidigen". „Wir wollen nicht nur ein bisschen gleiche Rechte. Wir wollen gleiche Rechte!“
Mit Blick auf homophoben Gewalttätern, die sich zusammen mit Nationalreaktionären die Hand reichen, warnte Claudia Roth vor Qeerfeindlichkeit und Rassismus. So soll es auch den Heimatministern in Deutschland und Bayern gesagt werden, „dass Queer ein Teil unserer Heimat ist.“ Das ist ein „Kampf gegen Hass“, brachte es Claudia Roth auf den Punkt und zitierte Paragraph "Eins" des Deutschen Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Der Dank der Organisatoren galt in erster Linie der Stadt Landshut für ihre großartige Unterstützung sowie der Polizei für die Begleitung der friedlichen Parade. Seitens der Parteien waren MdB Nicole Bauer (FDP) und Erhard Grundl (Grüne), MdL Rosi Steinberger (Grüne) sowie die Grüne Landesvorsitzende Sigi Hagl mit dabei. Seitens der Parteien zeigten sich die Grünen, die FDP, die Linken und die Mut-Partei, genauso wie der DGB, der Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter und Mitarbeiter von BMW.