Momentaufnahme um 17.50 Uhr durchs Ländtor in Richtung Theaterstraße. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (28.12.2021) Die „Spaziergänger“ am gestrigen Montagabend in der Landshuter Innenstadt wurden abermals mehr. Obwohl sich gegen 17.50 weniger Personen rund um das Ländtor aufhielten, als am Montag vor einer Woche, waren es in der Altstadt wenige Minuten nach 18 Uhr rund 1.200 und somit rund 450 mehr im Vergleich zum „Spaziergang“ vor einer Woche. Eigentlich dürfte das alles nicht stattfinden.
Am vergangenen Donnerstag hatte Oberbürgermeister Alexander Putz eine entsprechende Allgemeinverfügung per Amtblatt (Seite 515 ff.) in Kraft gesetzt. Diese besagt im Kern:
- Öffentliche Versammlungen unter freiem Himmel im Sinne des Art. 8 des Grundgesetzes (GG) sind im Stadtgebiet Landshut ausschließlich ortsfest zulässig.
- Abweichend können auf Antrag Ausnahmen erteilt werden, sofern dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Der Antrag ist in der Regel spätestens 48 Stunden vor Versammlungsbeginn beim Ordnungsamt der Stadt Landshut fernmündlich, schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift zu stellen.
- Diese Allgemeinverfügung tritt am 23. Dezember 2021 um 0 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 14. Januar 2022 außer Kraft.
- Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis 25.000 € geahndet werden (§ 73 Abs. 2 IfSG).
Zum Erlass der Allgemeinverfügung hat die Stadt Landshut die bisherigen Ereignisse recherchiert und ebenfalls im Amtsblatt veröffentlicht:
- Am Montag den 29. November 2021 fand in der Stadt Landshut ein Montagsspaziergang statt. Beginn war 18 Uhr mit ca. 20 Teilnehmern. Sie gingen vom Ländtor zum Rathaus in der Altstadt. Vor dem Rathaus waren es ca. 30 Teilnehmer. Es wurden Grabkerzen getragen und vor dem Rathaus abgestellt. Die Mindestabstände wurden eingehalten.
- Am Montag, 6. Dezember 2021, waren um ca. 18 Uhr fünf Gruppen zu je fünf Personen am Ländtor und hielten Kerzen. Die Teilnehmer unterschritten zum Teil die Abstände und trugen keinen Masken.
- Am Montag, den 13. Dezember 2021 fanden sich am Ländtor der Stadt Landshut ca. 100 bis 150 Personen mit Kerzen und Laternen ein zu einem neuerlichen Spaziergang, jedoch nun mit gänzlich anderen Dimensionen als noch die Woche zuvor, die Teilnehmerzahl stieg bis ca. 500 Teilnehmer an. In der Altstadt musste der Zug aufgrund der Vielzahl der Passanten von der Polizei gestoppt werden. Am Landshuter Rathaus drehte der Umzug um und ging in Richtung Martinskirche zurück und umrundeten sie und marschierten wieder vor das Rathaus. Dort löste sich die Versammlung auf. Während des Umzuges wurde die Landshuter Altstadt ab der Heilig-Geist-Kirche für den gesamten motorisierten Verkehr gesperrt. Weiterhin war der Bereich der Fußgängerzone während des Umzuges für den Lieferverkehr gesperrt. Die Teilnehmer trugen keine Masken und hielten den Mindestabstand von 1,5 m nicht ein.
- Montag, den 20. Dezember 2021 fanden sich um ca. 18 Uhr ca. 300 Personen am Ländtor ein. Die Teilnehmerzahl wuchs auf 500 Personen an, die bis zum Rathaus und wieder zurück bis zur Martinskirche gingen. Anschließend gingen diese nochmals durch die Ländgasse und wieder vor das Rathaus und dann wieder zur Martinskirche. Die Teilnehmer trugen zum Teil Kerzen mit sich. Mindestabstände wurden zum Teil nicht eingehalten, Masken wurden nicht getragen.
- Die „Spaziergänge“ werden über die Social-Media-Kanäle insbesondere über den Nachrichtendienst Telegramm öffentlich beworben.
Dass die Zahl der „Spaziergänger“ binnen eines Monats von 20 auf 1.200 anwuchs zeigt, dass Teile der Bevölkerung mit den Coronamaßnahmen der Politik nicht einverstanden sind. Obwohl keine Transparente zu sehen, oder Sprechchöre zu hören sind, zeigt ein Blick auf youtube.com, worum es bei den „zufälligen“ Zusammenkünften geht:
"Freiheitsmedia" dokumentiert die Spaziergänge auf youtube. - Screenshot: W. Götz
„Freiheitsmedia“ der dort ein Video "Impressionen Anti-Corona-Maßnahmen Spaziergang Landshut 20.12.2021" hochgeladen hat schreibt: "Heute kamen circa 1000 friedliche Menschen nach Landshut in die weihnachtliche Altstadt, um bei einem Spaziergang zu zeigen, dass sie mit den Corona-Maßnahmen der Regierung und der drohenden Impfpflicht nicht einverstanden sind. Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung. Und vor allem für unsere Kinder und Enkelkinder."
Ein Blick über die Isar bei der "Freiheitskette". - Screenshot: W. Götz
Zu seinen „Impressionen Freiheitskette Landshut 25.12.2021“ fügt Freiheitsmedia an: "Jeder, der an der Freiheitskette in Landshut gegen Coronamaßnahmen der Regierung, für die Wiederherstellung ALLER Grundrechte und für die Zukunft unserer Kinder teilnehmen möchte, kommt jeden Samstag um 11 Uhr zum Ländtor in Landshut. Für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung."
In diesem youtube-Kanal sind viele weitere Filmaufnahmen zu vergangenen Coronaprotesten in Landshut zu sehen. Zudem Gedenkvideos zu Karl Hilz (64-jährig am 19. November verstorben) dem bayerischen Ex-Polizisten, der als einer der Hauptkritiker an der Coronapolitik der Staatsregierung auf vielen Querdenkerbühnen zu sehen war.
Der „Spaziergang“ in Landshut zeigte abermals, dass es den Teilnehmer nicht darum geht, laut gegen die Politik zu demonstrieren, sondern durch Anwesenheit auszudrücken „Wir haben eine andere Meinung“ zu dem, was uns die "Obrigkeit" vorgibt. Von bekannten Personen der linken oder rechten Szene oder gar Parteien war nichts zu sehen. Ganz im Gegenteil. Die „Spaziergänger“ stammen aus der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft. Die Stimmung war friedlich und freundlich.
Der Spaziergang wurde nicht in die untere Altstadt fortgesetzt. Vom Rathaus aus ging es zurück zur Martinskirche.
Der Zug schritt vom Ländtor aus bis vor zum Ende der Fußgängerzone am Rathaus. In den motorisierten Bereich der Altstadt wurde nicht weitergegangen. Im Gegensatz zu vor einer Woche war dieser Bereich nicht einmal durch Einsatzfahrzeuge der Ordnungskräfte blockiert.
Im Bereich vor dem Rathaus konnte bei dieser Menschenansammlung der Mindestabstand nicht eingehalten werden. Auf das Tragen von Masken wurde – salopp ausgedrückt - „freiwillig verzichtet“. Anschließend ging es zurück, über die Domfreiheit einmal um die Martinskirche und wieder in die Altstadt. Dort löste sich die „zufällige Versammlung“ gegen 19.15 Uhr auf.
Die Einsatzkräfte der Polizei verhielten sich äußert zurückhaltend - eher leger, locker und zwanglos. Dass bei „Spaziergängern“ Personalien wegen unterschrittenen Mindestabstand festgestellt wurden, war nicht zu beobachten.
Um die Allgemeinverfügung der Stadt tatsächlich durchzusetzen, würde es ein enormes Polizeiaufgebot benötigen. Geschätzt müssten dazu 300 bis 400 Beamte vor Ort sein. Doch die Polizei hat montags nicht nur in Landshut Dienst, denn auch in Deggendorf, Dingolfing, Straubing, Regen, Vilsbiburg, Vilshofen und weiteren elf Niederbayerischen Städten kam es zu „Spaziergängen“.
Der Pressebericht der Polizeiinspektion Landshut vom Dienstag, 28. Dezember, vermeldet zu dem Spaziergang folgendes: Zum wiederholten Mal versammelten sich Gegner der Corona-Maßnahmen am gestrigen Montagabend gegen 18 Uhr vor dem Ländtor und „spazierten“ durch die Altstadt bis zum Rathaus. Eine Versammlungsanmeldung lag nicht vor. Durch Lautsprecherdurchsagen der Polizei wurden die Teilnehmer auf die geltende Allgemeinverfügung und das Infektionsschutzgesetz hingewiesen. In der Spitze nahmen rund 1.000 Personen an dem Spaziergang teil, der durch Polizeikräfte begleitet wurde. Gegen ein Dutzend Personen wurden Anzeigen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und wegen fehlender Mindestabstände nach der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung erstattet. Kurz nach 19 Uhr löste sich der Spaziergang wieder auf. Es kam zu keinen Ausschreitungen oder größeren Sicherheitsstörungen.