Stadtrat Lothar Reichwein läßt nicht locker. Er ist Niklaner mit Leib und Seele und fühlt sich diesem Stadtteil ganz besonders verpflichtet. Derzeit sieht er die konkrete Chance, im Rahmen der Revitalisierung des Schlachthofgeländes eine Stadtteilbibliothek zu etablieren. Jetzt hat er alle 43 Stadtratskollegen und OB Hans Rampf angeschrieben, um für eine Unterstützung seines Nachprüfungsantrags zu werben.
Denn, wo immer auch Stadtrat Reichwein in diesen Tagen hinkommt, wird er auf sein Projekt mit der Statteilbücherei angesprochen. Am 10. Oktober ist sein Herzensanliegen im Bildungs- ud Kultursenat erst einmal abgelehnt worden. Reichwein stand am Ende allein auf weiter Flur.
Im Ablehnungsbeschluß heiß tes lapidar: "Dem Projekt einer Stadtteilbibliothek wird nicht nähergetreten." Dagegen wurde die Verwaltung einmütig beauftragt, Verhandlungen über den Erwerb des Grundstücks direkt neben der Stadtbücherei bzw. dem Salzstadel in der Steckengasse zu führen und dem Liegenschaftssenat zur Entscheidung vorzulegen.
Stadtrat Reichwein begründet seinen Nachprüfungsantrag wie folgt:
Hier in Nikola befindet sich der Stadtteil mit den größten sozialen Aufgaben. Die Einwohnerschaft weist einen großen Migrationanteil auf.
Die Aussage über finanzielle Mehrbelastungen läßt Reichwein nicht gelten. Anfangs sei von einem zusätzlichen Arbeitsplatz gesprochen worden, jetzt werden hohe Kosten für neue Einkäufe vorgetragen.
Reichwein: "Jede Erweiterung braucht neue Bücher und Medien."
Reichein ist überzeugt, dass die Investition für eine Stadteilbibliothek am Alten Schlachthof erheblich günstiger kommt als der Ankauf in der Steckgasse und auch sicherer für öffentliche Förderungen.
Der Stadtrat der Freien Wähler: "Jetzt ist die historische Chance der „Wiedergutmachung" und eines „Anschubprojektes" für das Areal in Nikola. Ich bitte Sie daher um Beteiligung an einem Nachprüfungsantrag."
Dafür ist ein Drittel des Fachsenates oder ein Viertel der Stadtratsmitglieder erforderlich.
Zur Sitution der Stadtbücherei ist aus der Sicht unserer Rundschau-Redaktion folgendes anzufügen.
Bei regelmäßig mehreren Besuchen pro Woche in der Bücherei der Steckengasse (Lektüre von SZ, Spiegel, FOCUS, Stern) zu verchiedenen Tageszeiten ist festzustellen, dass in der Bücher nie Enge oder Gedränge herrscht, schon gar nicht in den oberen Stockwerken. Dort ist es zumeist sogar recht einsam.
Auch bei den Zeitungs-Leser herrscht keinerlei Platznot.
Leider ist die Bücherei - auch für Nur-Zeitungsleser - am Montag geschlossen. Falls also Erweiterungsbedarf besteht, warum werden die Öffnungszeiten nicht erweitert, am Samstag z.B. um 2 Stunden und vor allem am Montag.
Die Bücherei hat lediglich 38 Stunden die Woche geöffnet. Jedes sonstige Geschäft ist mindestens 50 Stunden besuchbar. Die großen Geschäfte - auch Pustet und Hugendubel - sogar an die 60 Stunden. Da ist also noch viel Erweiterungs-Potential vorhanden. Das Personal kan man ja entsprechend zeitversetzt einteilen. Das muß auch jedes andere Geschäft so handhaben.
Und jetzt einige Zahlen:
Die Stadtbüchrei leidet dramatisch unter Schwindsucht.
Das belegen die Zahlen des statischen Jahrbuchs der Stadt auf Seite 101.
So ist die Medienausleihe seit 2003 von 828 645 auf 668 690 im Jahr 2009 zurückgegangen. Die Zahlen für 2010 liegen noch nicht vor.
Die Besucher insgesamt sind von 273 712 (2003) auf 195 700 (2009) zurückgegangen.
Die Leser isngesamt sind von 15 956 (2003) auf 11 627 (2009) eingebrochen.
Also drastiche Rückgänge auf der ganzen Linie und dennoch Forderungen nach räumlichen Erweiterungen. Das verstehe einer in Zeiten, wo die Stadt jeden Pfennig dreimal umdrehen muß.
Freilich ist festzustellen, dass immer mehr Landkreisgemeinden den Wert von eigenen Bücherein entdecken und entsprechend aufrüsten.
In diesem Zusamemhang wäre auch interessant, woher die Stadtbücherei-Besucher kommen, aus welchen Gemeinden, in welcher altersmäßigen Zusammensetzung?
Die Stadt hat zwei attraktive Buchhandlungen in der Altstadt(Pustet, Hugendubl), die auch vermehrt eigene Aktivitäten (Lesungen usw.) anbieten und im Gegensatz zur Stadtbücherei sehr lange, besucherfreundliche Öffnungszeiten aufweisen.
Dazu kommen mehrere kleinere sowie mittelgroße Buchläden in der Stadt.
Rund um die Uhr ist z.B. die Bücherei der Hochschule in Schönbrunn nutzbar. Auch Schulen und Pfarreien haben eigene Büchereien.
Und nicht zu vergessen die Internet-Nutzer.
Die Stadtteilbücherei in der Weilerstraße (Wolfgangsiedlung) hat im übrigen - im Gegensatz zur Steckengasse - recht gute Besucherzahlen vorzuweisen.