Seit gut zehn Tagen ist das neue Buch von Alt-OB Josef Deimer (77) und von Ursula Weger (52), Leiterin des Gymnasiums Seligenthal, auf dem Markt. Das 470 Seiten starke Werk "Landshut - Ein Stadtleben" erschien im Verlag Friedrich Pustet. Es kostet 24.90 Euro. Vor allem die Schilderung der 35-jährigen Amtszeit von Josef Deimer (1979 bis 2004) bewegt die Gemüter, nicht nur der Zeitzeugen und sorgt für heftige, kontroverse Diskussionen. - Auf der Rückseite des Buchdeckels wird das Werk wie folgt beschrieben:
"Dieses Buch ist keine Chronik, sondern die biografische Beschreibung einer Stadt und ihres 800-jährigen Lebensweges. Der erste Teil, verfasst von der Germanistin Ursula Weger, widmed sich der Vergangenheit der niederbayerischen Hauptstadt und nimmt dabei Bezug auf die Biografien zahlreicher Persönlichkeiten, die - lebenslang oder nur vorübergehend - in Landshut wirkten.
Der zweite Teil, aus der Feder von Alt-Oberbürgermeister Josef Deimer, bietet einen Blick "hinter die Kulissen", Insiderwissen und politische Erfahrungen. Deimers Ausführungen und seine Rückblicke hat der Leser vielfach miterlebt. Es sind Geschehnisse aus Entscheidungen, die Landshut in die Moderne führten, ist Zeit- und Regionalgeschichte aus erster Hand. - Entstanden ist hier ein Stadtportrait der besonderen Art: historisch und gegenwartsbezogen, informativ, anektdotisch und spannend, angereichert mit zum Teil erstmals veröffentlichten Bildwerken Landshuter Künstler. - ein Lese- und Geschichtsbuch für Landshuter, Bayern-Interessierte, Institutionen und die ganze Region."
Wie uns auf Anfrage die Leiterin der Bücherei Pustet wissen ließ, steht der Termin für die offizielle Buchvorstellung noch nicht fest. Das Kauf-Interesse soll jedoch jetzt bereits sehr groß sein.
Es gibt auch schon erste Reaktionen von Käufern und Lesern, die in diesem Deimer/Weger-Werk vor allem eine sehr rosarote Beschreibung der 35-jährigen Amtszeit des Josef Deimer (Jahrgang 1936) sehen. Co-Autorin Ursula Weger (Jahrgang 1960), auch aktiv bei den "Förderern" engagiert, wird ja nicht zuletzt als künftige Stadtratskandidatin der neu formierten landshuter mitte gehandelt.
Erste Eindrücke: Spannend, teils wie ein Krimi
Samstag, 27.09.: Wir haben mittlerweile selbst viele Pasagen des Buches, vor allem jene aus der Feder von Josef Deimer studiert. Unser Eindruck: Er berichtet ausgesprochen sachlich und fachlich natürlich äußerst kompetent. Sehr interessant sind z. B. die Passagen aus dem Jahr 1966; Die Kampfabstimmung im Stadtrat um den Posten des 2. Bürgermeisters unter Oberbürgermeister Albin Lang, den damals der erst 30-jährige Deimer überraschend gegen den SPD-Konkurrenten Anderl Schlittmeier hauchdünn verloren hat, weil, wie sich später herausstelle, zwei CSU-Stadträte dem Parteifreund Deimer die Stimme verweigerten. Sogar ein 1966 in den Stadtrat gewählter NPD-Stadtrat votierte für Deimer.
Wer sich ausführlich über die Gebietsreform von 1972, die ja aktuell erneut diskutierte Nichteingemeindung von Altdorf und Ergolding, interessiert, der findet in diesem Buch sehr erhellende Infos, so über einen Vorschlag des damaligen Regierungspräsidenten Johann Riederer für eine "Maximallösung", also für ein Groß-Landshut mit 68.000 Einwohnern inclusive Altdorf und Ergolding. Das führte sogleich zu heftigen Reaktionen und in Ergolding zu einer Bürgerbefragung unter dem damaligen Bürgermeister Josef Heckner, Vater des heutigen Rathauschefs. Die Ergoldinger entschieden sich mit knapp 92 Prozent für die Selbständigkeit, der Ortsteil Piflas mit 56 Prozent für den Verbleib bei Ergolding.
Tunnelbau: Ausgerechnet Spitzelbergers Stimme war ausschlaggebend
Spannend wie ein Krimi ist auch die hauchdünne Entscheidung im Stadtrat für den Tunnelbau, der bereits bei der OB-Wahl 1992 von großer Bedeutung war. Alle fünf Gegenkandidaten von "Titelverteidiger" Deimer - Hedi Pable (SPD), Erwin Schneck (FW), Alois Rohrsetzer (FDP), Raimund Lohr (Republikaner) und Maximilian Spitzlberger (FULS) - waren mehr oder weniger erklärte Tunnelgegner. Deimer gewann dennoch im ersten Wahlgang mit über 62 Prozent.
Wir erfahren in diesem Deimer-Werk auch die Kosten für den über 1270 Meter langen Tunnel. Die Gesamtkosten beliefen sich auf knapp über 65 Millonen Euro. Aus der Stadtkasse mußten lediglich 20 Millionen Euro aufgebracht werden. Der Löwenanteil konnte durch Zuschüsse des Freistaats finanziert werden. - Als der Tunnelbau 1996 schon im Laufen war, gab es nochmals den Versuch von 15 Organisationen unter der Federführung des Bund Naturschutz, die Baumaßnahme zu stoppen. Die Regierung von Niederbayern erklärte jedoch diesen Bürgerentscheid (8.000 Unterschriften) für "unrechtmäßig".
Josef Deimer hätte zuvor die Abstimmung über den Tunnelbau beinahe verloren. Zwei CSU-Stadträte - angeblich waren es zwei Stadträtinnen - verweigerten offen die Zustimmung. Doch dann erklärte sich völlig überraschend Stadtrat Maximilian Spitzlberger, ansonsten alles andere als ein Deimer-Freund, bereit, für den Tunnelbau zu votieren. Deimer gewann die Abstimmung 23:22. Der Alt-OB würdigt dieses Votum im "Stadtleben"-Buch an die Adresse von Spitzlberger ausdrücklich. /hs