Stadtkämmerer Rupert Aigner steht vor der schier unlösbaren Aufgabe, den Gordischen Knoten des Wunschkonzerts finanziell zu lösen. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (22.02.2019) Traurig aber wahr: Der Haushaltsauschuss hat es am Mittwoch (20.02.) nicht geschafft die fehlenden Millionen für 2019 aufzutreiben. Ganz gleich ob Steuererhöhungen, Immobilienverkäufe oder das Aufschieben von Bauprojekten dazu angeboten wurde: Es fand sich immer eine Mehrheit dagegen. Selbst ein gütlicher Kompromissvorschlag von OB Alexander Putz stieß auf Ablehnung. Einstimmig war nur eines: Die Stadt nimmt 18,5 Millionen neue Schulden auf.
Stadtkämmerer Rupert Aigner erläuterte eingangs gewohnt sachlich die Finanzsituation, in der Landshut steckt. Bis 2022 sieht er in Haushalt der Stadt eine Finanzierungslücke von 22,1 Millionen Euro. Doch wo und wie soll dieses Geld herkommen?
Nach einem Beschluss fallen die Einnahmen aus der Straßenerschließungsgebühr (Strebs) weg. Nach den derzeitigen Finanzplanungen reduzieren sich die Rücklagen der Stadt von 18,9 Millionen Euro bis 2022 auf 4,9 Millionen. Die Sanierung des Marshallstegs kommt um eine Million Euro teurer als geplant. Unterm Strich klafft im Haushalt 2019 nun ein Loch von 4,5 Millionen Euro.
Der marode Marschallsteg. Sein Neubau verteuert sich um eine Million Euro.
Für den Kämmerer stellt dieses Faktum eine Hiobsbotschaft dar. Eine Erhöhung der Grundsteuer nannte Rupert Aigner „nachhaltig“. Ein Verkauf der Martinsschule würde ein Plus von 3,5 Millionen Euro bedeuten. Ein Verschieben der Sanierung des Franziskanerklosters würde Luft verschaffen. Wenn nichts passiert, „kann am 15. März kein Haushalt verabschiedet werden“, warnte der Hüter der Stadtkasse.
Dem Antrag der Grünen, die Gewerbesteuer anzuheben, „wo wir gerade ein Abflauen der wirtschaftlichen Bedingungen erleben“, hielt Oberbürgermeister Alexander Putz für das schlechteste Signal, um weitere Firmen in Landshut anzusiedeln. Die Sanierung des Franziskanerklosters zu verschieben, widerstrebt dem OB ebenso, wegen des großen bürgerlichen Spenden-Engagements für das Stadtmuseum.
Nein zu: Höhere Grund- und Gewerbesteuer
Für die ÖPD schlug Christine Ackermann vor über eine moderatere Erhöhung der Grundsteuer (20 Punkte) und Gewerbesteuer (10 Punkte) abzustimmen, das würde immerhin 1,5 Millionen Euro bringen. Da Grundstücksverkäufe nur ein kurzfristiges Mittel sind, um an Geld zu kommen, verteidigte Sigi Hagl (Grüne) Steuererhöhungen. Auch wenn das vor der Wahl unpopulär wäre. Darauf konterte Dr. Thomas Haslinger (CSU): „Hagls Ausführungen sind so, als wenn ich über Umweltschutz dozieren würde.“
Nimmt Dr. Thomas Haslinger schon Kontakt mit der Telefonseelsorge auf? Landshut kann derzeit jeden guten Rat gebrauchen.
Dr. Thomas Haslinger sprach aus, um was er derzeit geht: „Wir bekommen unser Wunschkonzert vor Augen geführt!“ „Aber mit der CSU, BfL und der Jungen Liste, wird es keine Steuererhöhungen geben“, machte Haslinger klar.
Für die SPD sah Anja König eine Erhöhung der Grundsteuer als „problematisch“ an. „Da wollen wir nicht dafür stimmen, weil sie auf die Miete umgelegt wird“.
Der entsprechende Antrag der Grünen wurde abgelehnt.
Nein zu: Verkauf der Martinsschule
In den Augen mancher Stadträte glänzt die Martinsschule wie eine Goldschatulle.
Um weiteres Geld für den Haushalt einzunehmen, sollen die Immobilien Martinsschule, Ottonianum (Jugendherberge) und das Wohnhaus am Dreifaltigkeitsplatz 1a verkauft werden. So lassen sich rund acht Millionen Euro generieren. Gleichzeit bleibt die Stadt nicht auf den nötigen Sanierungen sitzen, die mit rund 13 Millionen Euro beziffert sind. Über eine Stunde beriet der Haushalt unter Ausschluss der Öffentlichkeit darüber.
Beschluss: Ja zum Verkauf von Ottonianum und Dreifaltigkeitsplatz 1a.
Nein zu: Ausweichgrundstück Kindergarten St. Nikola
Da der Kindergarten im Stadtteil Nikola dringend saniert werde muss, beantragten die Grünen, während der Bauzeit ein Ausweichgrundstück zu finden und den Hort besser neu zu bauen. Geschätzte Kosten ab 2022 3 Millionen Euro. Sonst müsse die Kinder in den Containern im Stadtpark untergebracht werden, die derzeit von den Waldorfschülern genutzt werden, bis deren Schule fertig gebaut ist.
Der Hintergrund dazu: Die Grünen möchten, dass diese zentrale Stelle im Stadtpark wieder frei von Containern wird und der Park wieder seinen zusammenhängenden Charakter von der Isar bis zum Hammerbach erhält. „Für die Verwaltung“, so Baudirektor Johannes Doll, „stellt die Unterbringung der Nikola-Kinder in den Containern die kostengünstigste Lösung dar.“
Rupert Aigner verteidigte die Containerlösung. Anstatt einer Sanierung des Kindergartens würde ein Neubau noch weitere Lücken in den Haushalt reißen. Auch OB Putz stieß ins gleiche Horn: „Wir können nicht alles gleichzeitig machen.“
Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt.
Nein zu: OB-Kompromissvorschlag Bahnhofsareal
Oberbürgermeister Alexander Putz brachte eine völlig neue Variante in die Debatte ein, wie die Stadt an Geld kommen kann. Auf dem Grundstück westlich vom Bahnhof – es soll mit 24 Wohnungen und einem Kindergarten bebaut werden – sollte die Fläche verkauft werden. Das bringt Grundstückserlöse und spart Investitionen für den Kita-Neubau mit seiner teuren Tiefgarage.
OB Putz wurde es nicht vergönnt, den Gordischen Knoten zumindest zu lockern.
Auf den Kindergarten will Putz aber nicht verzichten, sondern diesen ein paar 100 Meter weiter ohne Tiefgarage errichten. So würde genug Geld in die Kasse kommen, um den Haushalt zu decken. Ein weiterer Vorteil: Der Museumsbau im Franziskanerkloster muss nicht verschoben werden.
„Eine hervorragende Idee“, stimmte Sigi Hagl zu, allerdings soll das Grundstück vor genossenschaftlichen Wohnbau vorbehalten sein, was OB Putz als „ebenso sein Ziel“ bejahte. Dr. Thomas Haslinger sah dafür keine Notwendigkeit, da seiner Meinung nach „der Verkauf der Martinsschule im Plenum durchgeht“. Dann reicht das Geld für den Haushalt. Und Rudolf Schnur (CSU) befürchtete, dass der Verkauf des Grundstücks nicht ausreicht, um den Haushalt zu gesunden.
Der Vorschlag von OB Putz wurde abgelehnt.
Nein zu: Städtische Grundstücke bevorzugt in Erbpacht zu vergeben.
Anstatt Grundstücke, die sich im Besitz der Stadt befinden, meistbietend zu verkaufen, wünscht die ÖDP eine Vergabe im Erbbaurecht.
Der Antrag der ÖDP wurde abgelehnt.
Nein zu: Ausbau des Höhenwegs
Elke März-Grande (ÖDP) wünscht schon seit langem, dass der Höhenweg besser ausgebaut wird. Dafür wären rund 150.000 Euro notwendig. Hellseherisch sagte Christine Ackermann Im Haushaltsauschuss dazu: „Es ist nicht neues, dass der Höhenweg abgelehnt wird.“ Kämmerer Rupert Aigner fügte schmunzelnd an: “Aber er wird nicht so oft abgelehnt, wie die Sanierung des TV 64“.
Christine Ackermann: 150.000 Euro in den Höchenweg investieren - Zu viel des Guten.
Dass man an dem Weg endlich mal was machen müsse, stellte Rudolf Schnur außer Frage und OB Putz empfahl, diese Angelegenheit vorerst nicht in den Haushalt zu stellen.
Der ÖDP-Antrag wurde abgelehnt.
Nein zu: Sanierung Franziskanerkloster auf 2023 und später zu verschieben.
Dass der Bau des Stadtmuseums viel mit bürgerlichem Engagement zu tun hat, steht für Robert Mader (FW) außer Frage. Doch dieses Projekt könne verschoben werden. „Denn eine Stadt, die nicht in der Lage ist, ihr Carossa-Gymnasium zu sanieren, muss auch ein Kulturobjekt zurückstellen können“.
Stadtdirektor Andreas Bohmeyer verteidigte die Pläne für das Franziskanerkloster. Von den Kosten über 14 Millionen Euro, fließen neun Millionen an Zuschüssen zurück und der Freundeskreis Stadtmuseum sammelt Spenden in Höhe von 2,8 Millionen Euro. So bleibt für die Stadt auf einen Zeitraum von drei Jahren nur ein Eigenanteil von 3,2 Millionen Euro. Das seine „eine steuerbare Summe“, so Bohmeyer, der das Franziskanerkloster einen „wichtigen Bestandteil für die kulturelle Entwicklung der Stadt“ nannte.
Darf nicht in der dunklen Seiten Seite der Haushaltsbücher verschwinden: Die Sanierung des Franziskanerklosters.
Seitens der CSU erinnerte Ludwig Zellner, dass das Stadtmuseum schon seit den Zeiten von OB Seiner verschoben wird. „Seit 15 Jahren wird gewartet. Jetzt dürfen wir das Museum nicht in die Endlosschleife schicken.“ Auch Dr. Thomas Haslinger will sich eine Ablehnung des Museums nicht in die Schuhe schieben lassen.
Eine konträre Position nahm dazu Christine Ackermann ein: „Es geht nicht nur um 3,2 Millionen Kosten, sondern auch um 3,2 Millionen neue Schulden.“ „Sie, Haslinger, sprechen vom Wunschkonzert. Freiwillige Leistungen sind ein Wunschkonzert und da gehören auch Eisstadion, Theater und Museum dazu.“ Ackermann verwies auf die Regierung von Niederbayern, die sagt, „wir müssen unsere freiwilligen Leistungen durchleuchten und uns auf unsere Pflichtaufgaben konzentrieren.“
Der Antrag der Freien Wähler wurde abgelehnt.
Kämmerer: „Es geht um die Stadt, ich bin nicht wichtig!“
Mit fast schon erschöpfter Stimme fasste Kämmerer Rupert Aigner die knapp fünfstündigen Haushaltsberatungen zusammen: „Noch nie habe ich mich so lange und intensiv mit einem Haushalt beschäftigt. Wir haben keine Empfehlung an das Haushaltsplenum am 15. März!“
Für Kämmerer Rupert Aigner, Oberbürgermeister Alexander Putz und Stadtdirektor Andreas Bohmeyer liefen die Haushaltsberatungen auf eine glatte Null-Runde heraus.
Aigner weiter: „Wenn wir im Plenum am 1. März ebenfalls keinen Haushalt zustande bekommen, müssen wir weitere 2,8 Millionen aus den Rücklagen auflösen oder in den Jahren 2020 und 2021 weitere Grundstücke verkaufen“.
„Wir gehen an die Grenzen eines genehmigungsfähigen Haushalts“, warnte der Finanzchef eindringlich.
„Es ehrt Sie, Herr Aigner, dass Sie Vorschläge machen, aber wir brauchen auch für die Zukunft Luft zum atmen“, erwiderte Oberbürgermeister Alexander Putz.
Nein zu: Höhere Grundsteuer
Ein letzter Versuch wurde zur Erhöhung der Grundsteuer auf 470 Punkte gestartet.
Der Antrag wurde abgelehnt
Ja zu: 18,5 Millionen Euro neue Schulden - Das Finale
Rupert Aigner stellte Top 1 der Tagesordnung, dem gar nicht mehr zur Abstimmung, da der Haushaltsauschuss dem Haushaltsplenum keine Empfehlung vorlegen kann.
Top 2, die Verwaltung zur Aufnahme neuer Kredite in Höhe von 18,5 Millionen Euro zu beauftragen, wurde ohne weitere Wortmeldungen diskussionslos und einstimmig zugestimmt.
Wenn Stadträte Schulden beschließen, sind es nie ihre eigenen. Es sind immer die "ihrer" Wähler.
* geschätzt