Hubert Aiwangers Freie Wähler ver- anstalten am Samstag, 2. Juni, um 11 Uhr am Stachus in München eine öffentliche Kundgebung "Für solide Finanzen - gegen den ESM". Schon ab 10.30 Uhr sorgt die Musikgruppe "Alarmstufe rock" für eine entsprechende Stimmung. Aktuell hatte Ainwanger (51) die lezten Tage ein heikles Problem am Hals. Gabi Pauli (54), ehemals CSU-Rebellin, will wieder zu den "Freien" zurück. Aiwanger lehnt ab.
An der Kundgebung in München beteiligen sich auch der Bund der Steuerzahler, mehr Demokratie e.V., Zivile Koalition und das Bündnis Bürgerwille mit Rednern. Doch Aiwanger droht auch ein ungebetener Gast. Gestern haben die Neonazis angekündigt, dass sie sich ebenfalls an dieser Kundgebung beteiligen wollen. Das könnte zu ernsthaften Komplikationen, ja zu schwierigen Abgrenzungen führen. Seit geraumer Zeit ist Hubert Aiwanger (41) mit der jüngsten Landtagsabgeordneten der Freien Wähler, Tanja Schweiger (34) aus Pettendorf (bei Regensburg), verbandelt. Im Oktober erwarten sie Nachwuchs.
In einer Pressemitteilung betont der Landes- und Bundesvorsitzende Aiwanger das gemeinsame Ziel der Kundgebung: Ein breiter gesellschaftlicher Widerspruch gegen eine Euro-Rettungsschirmpolitik, die am Ende Haftungssummen in Billionenhöhe festschreiben soll und die Parlamente aushebelt, weil zentrale Haushaltsrechte nach Brüssel verlagert werden sollen. Dazu Aiwanger: "Wir lehnen diese völlig ausufernde Vergemeinschaftung der Schulden ab und fordern stattdessen eine solide Finanzpolitik. Spekulieren nur auf eigenes Risiko, mehr Eigenkapitalhinterlegung der großen Banken, Herstellen der Wettbewerbsfähigkeit von Euro-Krisenländern anstatt Daueralimentierung!"
Die Pressabteilung der Freien Wähler hat festgestellt, dass die Medien großes Interesse an der Kundgebung gegen den EMS haben. Die Kundgebungsteilnehmer werden aufgefordert, "möglichst Transparente mitzubringen".
Am 16. Juni findet die Bundesmitgliederversammlung der Freien Wähler statt. Dabei soll definitiv beschlossen werden, dass die Freien Wähler erstmals im Herbst 2013 auch an der Bundestagswahl teilnehmen. Aiwanger ist sich seiner Sache recht sicher. 2009 wollte vor allem das Promi-Mitglied Gabriele Pauli schon mit den Freien Wählern zum Bundestag kandidieren. Ein Jahr zuvor, 2008, wurde die ehemalige CSU-Rebellin und Fürther Landrätin auf der Liste der Freien Wähler in den Landtag gewählt. Sie hat zum sensationell guten Ergebnis von 10.2 Prozent sicher einiges beigetragen. Doch schon 2009 verließ sie die Landtagsfraktion der "Freien". Sie gründete die "Freie Union".
Jetzt will die 54-jährige Gabi Pauli zu den Freien Wählern zurückkehren. Sie hat Aiwanger einen persönlichen Brief geschrieben. Zudem hat sie an alle Bezirksvoristzenden Mails geschickt und um eine Abstimmung der Basis gebeten. Gabi Pauli hält sich immer noch für eine "sehr gute Wahlkämpferin". Sie will bei der Bundestagswahl 2013 kandidieren. Die Aussichten, dass die "Freien" bei dieser Wahl auf Anhieb die Fünf-Prozent-Hürde überspringen, ist eher gering, zumal die Piraten massenweise Protestwähler anziehen. Doch bei der Europawahl 2014 könnten die "Freien Wähler" einige Sitze im Europaparlament schaffen, weil es bei dieser Wahl erstmals keine Fünf-Prozentklauel mehr geben wird.
Hubert Aiwanger kann sich persönlich über das Interesse der Medien nicht beklagen. Die "Süddeutsche" veröffentlicht heute (1.06.) eine halbseitige Aiwanger-Story unter dem Titel "Aiwanger setzt auf Henkel und Enkel" . Gemeint ist Olav Henkel, der ehemalige Industrieverbandsvorsitzende und Talkschow-Dauergast sowie der Adenauer-Enkel Dr. Stephan Werhan. Die exzentrische Gabi Pauli paßt da nicht mehr so recht in das Konzept des schier allmächtigen Hubert Aiwanger. Freilich sind die Umfragewerte in Bayern für die "Freien" derzeit mit 7 bis 8 Prozent nicht allzu rosig. Ein derartiges Wahlergebnis würde die Landtagsfraktion von derzeit 20 auf ca. 12 bis 14 Sitze schrumpfen lassen. Ein derartiger Absturz würde Aiwanger entzaubern.
Klar ist, Jutta Widmann (51), gelernte Studienrätin, praktizierende Festwirtin und Landshuter Stadträtin, will für die Freien Wähler 2013 wieder im Stimmkreis Landshut für den Landtag kandidieren. Wer aber soll im Stimmkreis Landshut/Kelheim für die "Freien" zum Bundestag kandieren? Ein Landshuter oder einer aus den Landkreisen Landshut bzw. Kelheim? Da Jutta Widmann aus Landshut-Stadt und Hubert Aiwanger aus dem Landkreis zum Landtag kandidieren, könnte für die Bundestagswahl aus Proporzgründen eher ein Kelheimer zum Zug kommen.
Für die Europawahl im Juni 2014 wird dem Landshuter Erwin Schneck, hier im Bild mit Gattin Waltraud, die Schriftführerin der "Freien" in Landshut ist, ein ernsthaftes Interesse attestiert. Er ist langjährig Vorsitzender der Freien Wähler in Landshut und zugleich Fraktionschef im Stadtrat. 1992 war er schon OB-Kandidat in Landshut und erzielte beachtliche 9,92 Prozent. Die Riege der Landshuter FW-Stadträte zählt derzeit sechs Köpfe. Aktuell wird auch darüber laut spekuliert, dass die ehemalige LZ-Chefredakteurin, Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, aus der CSU-Fraktion zu den Freien Wählern wechseln könnte. /hs.