Matthias Högl, Bayerische Jungbauernschaft, Sprecher Arbeitskreis II - Agrarpolitik
Bayern – pm (24.02.2022) Tierwohl kostet Geld – aber der Handel wirbt mit günstigen, ja billigsten Preisen. „Sparen Bratan!“, so lautet Lidls aktueller Werbeslogan mit dem Influencer Slavik. Und auf der anderen Seite wird von der Landwirtschaft mehr Tierwohl gefordert - mit mehr Platz, Außenklima und Auslauf. Da versteht jeder, dass es Tierwohl nicht zum Nulltarif geben kann. Wie sind nun die Forderung des Handels und die praktische Umsetzung in Einklang zu bringen.
Der Einzelhandel hat seit einigen Monaten eigenständig das Thema Verhaltungskennzeichnung für sich entdeckt: So hat Aldi Anfang 2022 mit einer aufwändigen, ganzseitigen Anzeige in den gängigen Tageszeitungen angekündigt, spätestens ab 2025 nur noch Trinkmilch und Frischfleisch von Tieren aus den Haltungsstufen 3 und 4 in seinem Discounter anzubieten. Lidls Wettbewerber Aldi, verkündet derweil, nur noch Schweinefleisch mit der Kennzeichnung „5 D“ in seinen Filialen zu verkaufen.
Dies sind gewiss agrarpolitisch wirksame Paukenschläge. Jedoch sieht die Bayerische Jungbauernschaft (BJB) hierfür neue Chancen, die sich unseren regional produzierenden Landwirt:innen sich bieten. Durch diese hauseigenen Vorgaben schränkt der Handel seine Bezugsquellen selbst ein. Die BJB wird ein wachsames Auge darauf werfen und die Einhaltung der Vorgaben einfordern. Auf die Ankündigungen müssen auch Taten folgen. Unsere Landwirtschaft hat sich immer verändert und wird auch diesen Marktansprüchen gerecht werden, wenn der Markt diese Ware fordert und sie auch fair bezahlt.
Die BJB spricht sich klar dafür aus, für den Markt zu produzieren.
Hier ist es notwendig, dass die abnehmende Hand jedoch Haltungs- und Herkunftskennzeichnung mit gleicher Wichtigkeit nach vorne treibt und auch bezahlt. Nur so hat die heimische Landwirtschaft die Möglichkeit, Fuß zu fassen. Sonst drohe, realistisch gesehen, die Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion ins Ausland. So könne der Einzelhandel immer weiter an den kleinsten Preisen schrauben – dann halt mit ausländischen Betrieben. Und wir alle wissen: Was nix kostet, ist nix wert.
So tut ein fairer Umgang miteinander und eine stärkere Bindung der Handelspartner Not. Dazu gehören auch faire Erzeugerpreise: „Es muss sich rentieren“, so Matthias Högl, Sprecher des Arbeitskreises Agrarpolitik der Bayerischen Jungbauernschaft, „sonst macht der Landwirt nicht mit.“ Und er ergänzt: „Tierwohl in Bayern bzw. Deutschland funktioniert nur mit konkreten und langfristigen Verträgen.“ Nur so sehe der Jugendverband gute und zukunftsfähige Chancen für die landwirtschaftlichen Familienbetriebe. Und Högl hat klare Erwartungen an die Politik:
„Der größte Tierwohl-Killer ist das Baurecht.
Baugenehmigungen mit ihren zahlreichen Auflagen und Gutachten kosten mittlerweile nicht nur richtig Geld, sondern auch sehr viel Zeit. Und Zeit ist der springende Faktor, um dem Handel die geforderte Tierwohl-Ware zu liefern. Hier brauchen wir andere, neuere Regelungen und -ausnahmen. Wir müssen jetzt unsere Produkte zu den geforderten Standards liefern und nicht erst in einigen Jahren. Sonst holt sich der Markt die Ware aus dem Ausland und wir sind dann raus!“ Und er stellt klare Erwartungen: „Die Politik, vor allem die Bundespolitik, ist gefragt. Wir brauchen für den geforderten Umbau der Landwirtschaft machbare Rahmenbedingungen – jetzt!“, so Mattias Högl.
Die Jungbauernschaft reicht dem Handel die Hand, wenn das vom Handel geforderte Tierwohl praktisch in der heimischen Landwirtschaft überhaupt auch umgesetzt werden kann. Hier ist die Politik der Verantwortliche, der die rechtlichen Rahmenbedingungen neugestalten muss, damit mehr Tierwohl in Deutschland kommen wird. Investitionsförderungen sind nicht das alleinige Mittel zum Ziel, sondern umgehende Änderungen des Bau- und Immissionsrechts für Tierwohl-Landwirt:innen. Unsere Landwirt:innen wollen Tierwohl, aber es wird Ihnen schwer gemacht.