An der Hochschule Landshut griff der Student Markus Geisel (Fakultät Soziale Arbeit) ein mutiges Thema auf. Im Vortrag "Bildungsdiskriminierung von Flücht- lingen" zeigte er am Beispiel von Abdul Karim Kabia auf, wie es einem Flüchtling ergeht, der die Deutsche Sprache und einen Beruf erlernen will. Ein Thema das unter die Haut geht.
Die Veranstaltungsreihe "(in)visible borders" an der Hochschule Landshut, die sich mit Themen rund um "Flucht, Migration & Ausgrenzung" befasst, startete mit dem Vortrag "Bildungsdiskriminierung von Flüchtlingen". Rund 100 Zuhörer folgten dem beklemmenden Erfahrungsbericht von Abdul Karim Kabia und dem Vortrag von Tobias Klaus (Bayerischer Flüchtlingsrat) über die rechtlichen Vorgaben und die daraus resultierenden Hürden zum Thema Bildung von Flüchtlingen. Die Veranstaltungsreihe soll einen Einblick in die Lebenssituation von Flüchtlingen und Migranten/innen ermöglichen und einen Beitrag zu ihrer menschenwürdigen Lebenssituation leisten. Initiiert wurde die Reihe von Markus Geisel, Student der Sozialen Arbeit im 6. Semester, zusammen mit einem Team von Studenten sowie mit Unterstützung der Fakultät Soziale Arbeit und der Hochschule Landshut.
Abdul Karim Kabia, der seit Juli 2008 in Deutschland lebt, zeigte den Umgang mit Flüchtlingen am eigenen Beispiel auf. Nach drei Monaten Aufenthalt in München wurde er nach Schongau verlegt. Den in München begonnen Deutschkurs konnte er nicht mehr weiterbesuchen, da sich die Möglichkeit von solchen Kursen nur in größeren Städten böte, dorthin zurück durfte er nun aber nicht mehr. Der angebotene Schulvertrag der Schule für Flüchtlinge in München war damit auch hinfällig, da Kabia nicht umziehen durfte und die tägliche Fahrt hin und zurück nach München nicht erschwinglich war. Mithilfe eines Anwalts gelang es ihm schließlich 2010 nach langem Hin und Her, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Jetzt konnte er zurück nach München, den Deutschkurs beenden, seinen Schulabschluss machen und später eine Berufsausbildung beginnen.
Doch ab dem ersten Tag der Ausbildung erhielt Kabia keine Sozialhilfe mehr und wurde vom Sozialamt angehalten, BaFöG zu beantragen. Das wurde ihm jedoch verwehrt, weil er noch nicht lange genug in Deutschland lebte, um die Förderung zu erhalten. Mit dem Ablehnungsbescheid der BaFöG-Behörde machte er sich wieder auf den Weg ins Sozialamt, um dort zu erfahren, dass er seine Ausbildung beenden müsse, wenn er weiterhin Unterstützung benötige. Kabia kämpft für seine Ausbildung und lebt nun am absoluten Existenzminimum.
Er engagiert sich bei "Jugendliche ohne Grenzen", einem 2005 gegründeten bundesweiten Zusammenschluss von jugendlichen Flüchtlingen, der sich für das Bleiberecht in Deutschland und für das Recht auf Ausbildung für Flüchtlinge einsetzt. Mit der kürzlich gestarteten Kampagne "Bildung(s) Los!" wird ein gleiches Recht auf Bildung für alle gefordert. Sprachkurse, ein Recht auf BaFöG, gleiche Leistungen und Bildungsrechte für alle sowie die Wohnsitzauflagen und Ausbildungsverbote abzuschaffen sind weitere angestrebte Punkte.
Die rechtliche Situation von „geduldeten" und „gestatteten" Flüchtlingen in Deutschland schilderte Tobias Klaus. Von den gestatteten Flüchtlingen gibt es z.B. aktuell ca. 90.000 in Deutschland. "Die Tatsache, dass für das Aufenthaltsrecht eine Härtefallkommission (HFK) nötig ist, sagt bereits alles aus, über die Rechtssituation bei uns in Deutschland," so Klaus. Er sprach über besonders schwere Hürden für die Flüchtlinge, wie Arbeitserlaubnis, Unsicherer Aufenthalt, Auflagen und AsylBlG, Leben in Flüchlingslagern, Ausschluss von Leistungen, Deutschkenntnisse, Nichtanerkennung von Qualifikationen, Schulpflicht usw. Auch er spricht sich für die deutliche Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen von Flüchtlingen aus. Möglichkeiten, sich für Flüchtlingen zu engagieren, gäbe es auch in Landshut, dies z.B. beim Haus International, bei Jugendliche ohne Grenzen oder über Karawane München.