Landshut - pm (16.12.2022) Bezirksrat Urban Mangold (ÖDP) hat in seiner Haushaltsrede im niederbayerischem Bezirkstag dazu aufgefordert, die Bewahrung der regionalen Kulturlandschaft als Kernanliegen zu verstehen: „Warum bleibt der Bezirkstag so merkwürdig schweigsam, wenn es um die Bewahrung der niederbayerischen Kulturlandschaft geht? Ein Regionalparlament, das sich für die Regionalkultur zuständig fühlt, wird doch nicht ernsthaft die Auffassung vertreten, dass der Umgang mit der regionale Kulturlandschaft keine Frage der Kultur ist“.
Der ÖDP-Bezirksrat appellierte ferner an Bezirkstagspräsident Dr. Olaf Heinrich, „nicht wortlos zuzuschauen, wie Ihr Spitzenkandidatenkollege Minister Bernreiter die Verlängerung des Atomrisikos sogar über den April hinaus betreibt!“
Mangold kritisierte die Aussage von Heinrich, dass “vor allem die CSU ihre Arbeit in den Dienst der Bürger stellt“ und dass der Bezirkstag voll sei mit Einzelnen, „denen es weniger um die Sache geht“. „Wer so etwas von sich selbst behauptet und anderen das redliche Engagement abspricht, der darf sich nicht wundern, falls die Bürgerinnen und Bürger am Wahltag erneut bekunden, dass ihnen ein bunter Bezirkstag und der Meinungswettstreit um die besseren Ideen allemal lieber ist als die Selbstbeweihräucherung der CSU“.
Die vollständige Rede von Urban Mangold:
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
dem Haushalt 2023 stimme ich zu. Vor einem Jahr habe ich die Pläne, das noch neue Sozialverwaltungsgebäude schon wieder aufzustocken, kritisiert. Ich habe das kritisiert, weil ich die Auffassung vertrete, dass der Bedarf genauer geprüft werden muss und ggf. weitere Verlagerungen in strukturschwächere Kreise in angemieteten Objekten einem Neubau in der Boom-Stadt Landshut vorzuziehen wären.
Dass nun zugesagt wurde, ernsthaft zu prüfen, wie die Büroflächennutzung in der Sozialverwaltung optimiert und der Bedarf durch Homeoffice reduziert werden kann, das begrüße ich ausdrücklich. Meine Wortmeldung bei der letzten HH-Debatte scheint hier gehört worden zu sein. Vielen Dank dafür. Alles andere wäre den Umlagezahlern in diesen Zeiten kaum vermittelbar.
Vor einigen Monaten habe ich ferner beantragt, dass der Bezirk mehr tun muss für die Energiewende und seinen Eigenbedarf durch PV-Anlagen auf den Bezirksliegenschaften so weit wie möglich decken soll. Auch hier freue ich mich über mehrere Maßnahmen, die aktuell eingeplant sind. Es muss alles umso schneller gehen, weil die Energiewende im Land und auch im Bund viel zu lange von der CSU mal gemeinsam mit SPD, mal mit FDP blockiert wurde.
So passt es auch wie die Faust aufs Auge, dass sich der niederbayerische CSU-Spitzenkandidat zur Landtagswahl, Minister Bernreiter am Wochenende rühmte, es sei der Erfolg der CSU gewesen, die Laufzeit der Atomkraftwerke zu verlängern. Und er gehe (Zitat) „jede Wette ein“, so Bernreiter laut Pressebericht, „dass es im April nicht das Enddatum sein wird“ (Zitat Ende).
In diesem Moment, Herr Bezirkstagspräsident, hätten sie doch aufspringen und erklären müssen, dass Sie das nicht gut finden. Wegen der unermesslichen Gefahren der Atomtechnik. Wegen der Menschen in Niederbayern. Wegen der Bezirkseinrichtungen, die von einem Atomunfall massiv betroffen wären. Das hätten Sie in diesem Moment sagen müssen, wenn Sie – wie Sie von sich selbst sagen – schon immer Gegner der Atomkraftnutzung waren. Ich appelliere an Sie: Schauen sie nicht wortlos zu, wenn ihr Spitzenkandidatenkollege Bernreiter die Verlängerung des Atomrisikos sogar über den April hinaus betreibt!
Ich würde mich sogar dafür einsetzen, Herr Bezirkstagspräsident, dass Sie auf die Rednerliste kommen bei den Count-Down-Demos, die ab Januar in Landshut stattfinden, aber nur dann, wenn sie dort auch verkünden: Niederbayern braucht keine Fortsetzung des Atomrisikos, sondern ein Anti-Bernreiter-Programm.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
die Haushaltsdebatte ist die Generaldebatte, in der die Minderheit die Politik der Mehrheit grundsätzlich unter die Lupe nimmt. Es geht nicht nur um das reine Zahlenwerk, sondern um die Bewertung des politischen Geschehens im ablaufenden Jahr. Das ist gute Tradition auf allen politischen Ebenen.
Dass der Bezirk Mitte Juli zusammen mit der Architektenkammer und dem Landesverein für Heimatpflege eine Schönberger Erklärung abgegeben hat, in der es um die Bedeutung der Ortskerne, um die Bewahrung der Kulturlandschaft, um die Eindämmung der Zersiedelung, um „innen vor außen“ geht, dass findet meine vollste Zustimmung. Doch der Staatsminister für Wohnen Bau und Verkehr, Ihr Spitzenkandidatenkollege Bernreiter, dem Sie diese Schönberger Erklärung übergeben haben, hat bekanntlich eine völlig andere Agenda, Herr Präsident. Mal kurz in Schönberg eine Schönberger Erklärung unterzeichnen, mal kurz für die Zeitung an den Minister ein Schreiben übergeben und dann weitermachen wie bisher, dass darf nicht unwidersprochen bleiben.
Warum bleibt der Bezirkstag so merkwürdig schweigsam, wenn es um die Bewahrung der niederbayerischen Kulturlandschaft geht. Ein Regionalparlament, das sich für die Regionalkultur zuständig fühlt, wird doch nicht ernsthaft die Auffassung vertreten, dass der Umgang mit der regionale Kulturlandschaft keine Frage der Kultur ist. Meinen ersten Versuch, dies im Bezirkstag zum Thema machen, haben sie leider abgelehnt.
Zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, noch ein Zitat aus der Tagespresse vom Montag: Der Bezirkstagspräsident hat bei der Aufstellung der CSU-Liste laut Zeitung gesagt:
Im zersplitterten Bezirkstag sei es (Zitat) “vor allem die CSU, die ihre Arbeit in den Dienst der Bürger stellt“. Der Bezirkstag sei voll mit Einzelnen, denen es weniger um die Sache geht“
Genau diese Rhetorik ist es, Herr Präsident, die den Bürgerinnen und Bürgern zum Hals raushängt. Wer so etwas von sich selbst behauptet und anderen das redliche Engagement abspricht, der darf sich nicht wundern, dass die Bürgerinnen und Bürger am Wahltag mit ihrer Stimme dokumentieren. Ein Meinungswettstreit um die besseren Ideen ist allemal besser als die Selbstbeweihräucherung der CSU.