Vor wenigen Tagen war im Achdorfer Krankenhaus ein junger Asylbewerber aus dem Landkreis Altötting an beiden Füßen operiert worden, um wieder gehen zu können. Bei einer Pressekonferenz im Krankenhaus Landshut-Achdorf zur Behandlung des 19-jährigen Minenopfers aus Afghanistan in der Abteilung für Plastische Chirurgie betonten die Verantwortlichen, wie wichtig es sei, unbürokratisch humanitäre Hilfe zu leisten.
Im Bild von links Erwin Schneider, Landrat Altötting; Lela Teymouri, 2.Vors.Integrationsbeirat Burghausen; Dr. Univ.Cairo Ahmed Elgammal, Oberarzt; Dr. med. Patrik Hartl, Leitender Arzt Chir.Klinik IV; Dr. med. Hamid Reza Teymouri, Oberarzt; Josef Eppeneder, Landrat Landshut; und Dr. Marlis Flieser-Hartl, Geschäftsführende Vorstandsvorsitzende LAKUMED berichteten über die erfolgreiche Operation
Hier der Pressebericht des LAKUMED: Vor wenigen Tagen war im Achdorfer Krankenhaus ein junger Asylbewerber aus dem Landkreis Altötting an beiden Füßen operiert worden, um wieder gehen zu können. Der Landrat des Landkreises Altötting, Erwin Schneider, bedankte sich für die bereitwillige und schnelle Aufnahme des 19-jährigen Mannes am Achdorfer Krankenhaus. Auch bei der Finanzierung der Operation werden die Landkreise zusammenhelfen. Der Landshuter Landrat Josef Eppeneder sieht die schnelle und unbürokratische Behandlung des jungen Mannes im Krankenhaus Landshut-Achdorf, das zum Verbund der Landkreiskliniken LAKUMED gehört, als Zeichen nach außen. „Der Stärkere muss sich für den Schwächeren einsetzen, das ist unsere Aufgabe". Die gelungene Operation sei auch ein Beweis, das LAKUMED gut aufgestellt sei, sagte Eppeneder. „Unser Haus ist in der Lage, derart schwierige Fälle aufzunehmen und zu operieren".
Die Frage der Finanzierung der Operation des jungen Mannes war auch für Dr. Marlis Flieser-Hartl, Geschäftsführende Vorstandssitzende von LAKUMED, nicht das entscheidende Thema. „Wenn wir helfen können, dann machen wir das", sagte sie. Für Dr. Flieser-Hartl zählt auch, dass mit dem gelungenen Eingriff ein Zeichen für die Bedeutung der plastischen Chirurgie gesetzt worden ist. Ziel der Operation an der Chirurgischen Klinik IV für Plastische Chirurgie und Handchirurgie war für den Leitenden Arzt Dr. Patrik Hartl, dass der Patient am Ende mit normalem Schuhwerk und ohne Gehhilfen möglichst schmerzfrei gehen kann. Seit fünf Jahren war dies für Haidar A. aus Afghanistan nicht mehr möglich gewesen.
„Krieg." Das ist Haidars Antwort, wenn man ihn nach seinen Kindheitserinnerungen fragt. Denn Friedenszeiten kennt Haidar A. in seiner Heimat Afghanistan nicht.
Geboren wurde Haidar A. 1994, in dem Jahr, als die Taliban mit Bomben die Vision einer Demokratie in Afghanistan endgültig zerstörten und das Land nach den Kriegswirren der 1980er Jahre in neues Chaos stürzten. Er erlebte, wie seine Heimat durch eine streng juristische Auslegung des Islam ins Mittelalter katapultiert, Frauen unter Hausarrest gestellt und die Zivilbevölkerung durch systematische Massaker tyrannisiert wurden. Er sah US-amerikanische Truppen und mit ihnen die Hoffnung auf Frieden in das Land einmarschieren. Er erlebte mit, wie sich diese Hoffnung in Luft auflöste, als die Taliban zwar ins Nachbarland Pakistan zurückgedrängt wurden, aber dann aus dem Untergrund agierend die afghanische Zivilbevölkerung bis aufs Blut bekämpften.
Trotz all der Unruhe und Unsicherheit seines Alltages machte es dem intelligenten Jungen nichts aus, jeden Morgen über eine Stunde zur Schule zu laufen. Nur durch eine ordentliche Schulbildung könne er es zu etwas bringen, hatten ihm seine Eltern gesagt. Auch an jenem Morgen im Jahre 2008, der sein Leben für immer verändern würde, ging der mittlerweile 14jährige Haidar seinen gewohnten Weg über die Felder in das Nachbardorf. Er wusste nicht, dass sich zwei Stammesfürsten der Region bekriegten und ein Feld, das er passieren musste, vermint worden war. Der Sprengsatz zerriss ihm beide Füße und machte Haidar A. zum Krüppel. Am selben Tag wurde sein Vater bei einem Angriff auf sein Heimatdorf von einer Rakete getroffen und kam ums Leben.
Glückliche Umstände brachten den schwerverletzten Haidar A. in ein Krankenhaus des Roten Kreuzes in Kabul. Drei Monate lang wurde dort alles Menschenmögliche getan, um Haidars Füße zu retten. Sie waren jedoch so stark verletzt, dass er trotz mehrerer Hauttransplantationen nicht mehr ohne Krücken laufen konnte.
Vor drei Monaten ist Haidar A. die Flucht aus seiner Heimat nach Deutschland gelungen, wo er einer Unterkunft im Landkreis Altötting zugewiesen wurde. Dort fiel er Lela Teymouri auf. Die stellvertretende Vorsitzende des Burghauser Integrationsbeirates setzt sich bereits seit Jahren für Flüchtlinge aus aller Welt ein. Als sie von dem Schicksal des Schwerbehinderten erfuhr, setzte sie sämtliche Hebel in Bewegung, dem 19jährigen zu helfen. Nach Konsultation fachkundiger Ärzte war klar, dass nur eine plastisch-rekonstruktive Operation Haidar A. wieder auf die Beine bringen könnte.
Mit tatkräftiger Unterstützung des Altöttinger Landrats Erwin Schneider organisierte Lela Teymouri seine Einweisung in die Abteilung für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des Krankenhauses Landshut-Achdorf. Aufgrund ihres Alleinstellungsmerkmals und überregional hervorragenden Rufes in Niederbayern und darüber hinaus erschien den einweisenden Ärzten die Landshuter Spezialabteilung als die kompetenteste Adresse für Haidars diffizilen Fall. Die geschäftsführende Vorstandsvorsitzende Dr. Marlis Flieser-Hartl stellte wiederum den Kontakt zum Landshuter Landrat Josef Eppeneder her, der das Vorhaben seines Altöttinger Kollegen vollumfänglich unterstützte.
Schließlich war es soweit. Bereits bei der Erstuntersuchung fielen Dr. Patrik Hartl, dem Leitenden Arzt der Abteilung, die zahlreichen Kontrakturen durch Verbrennungsnarben an beiden Fußsohlen auf, die das Abrollen der Zehen behinderten. Des Weiteren fehlten auf beiden Seiten die Großzehen und jeweils eine weitere Zehe. Die übrigen Zehen standen aufgrund der ausgeprägten Vernarbung an der Fußsohle in Krallenstellung. Sein gesamtes Körpergewicht lastete auf den jeweils drei verbliebenen Zehenendgliedern. Die Zehenknochen bohrten sich durch diese Last durch die Weichteile und verursachten Entzündungen. Die Hauttransplantate legten sich in Falten und verursachten ebenfalls schmerzhafte Entzündungen. Der Patient konnte nicht auf seinen Füßen stehen, geschweige denn wenige Meter schmerzfrei ohne Einhalten gehen. Die einzige Möglichkeit, sich fortzubewegen, bestand für Haidar A. darin, auf seinen Fußkanten zu laufen und langfristig seine Sprunggelenke zu ruinieren.
In einer mehrstündigen Operation löste Dr. Hartl zusammen mit seinen Oberärzten Dr. Univ. Cairo Ahmed Elgammal und Dr. Hamid Reza Teymouri und einem insgesamt sechsköpfigen Operationsteam die Narbenkontrakturen, um die Beweglichkeit der Zehen zu verbessern. Außerdem richtete er die Zehenendglieder auf, damit sich der Knochen durch das Körpergewicht nicht weiter durch die Haut bohrt. Die Hauttransplantate wurden verkleinert und neu eingepasst, durch einen operativen Kniff, die sog. Z-Plastiken, wurden die Narbenkontrakturen gelöst. Nach fünf Jahren kamen Haidars verbliebene Zehen endlich wieder in eine natürliche Stellung. Nach dem ersten Verbandswechsel konnte der junge Mann beim Anblick seiner Füße die Freudentränen nicht mehr halten. Haidar A. freut sich sehr darauf, nach Abschluss der Wundheilung endlich wieder mit beiden Beinen im Leben zu stehen.