Die deutsche Volleyball-Hauptstadt heißt in diesen Tagen Vilsbiburg. Die Roten Raben haben sich mit dem 3:0-Finalsieg am Sonntag in Halle/Westfalen gegen die VolleyStars Thüringen den DVV-Pokal und damit den ersten nationalen Titel 2014 geholt.
Mehr als alles andere war dieser Erfolg ein Triumph des Teamgedankens – die Roten Raben setzten ihre Entwicklung der letzten Wochen fort und krönten sie mit einem an Homogenität nicht zu übertreffenden Auftritt im wichtigsten Spiel der Saison. Diese Mannschaft ist eine echte Mannschaft, und sie strahlt das auch aus – das begeistert die eigenen Fans und beeindruckt die Gegner, die VolleyStars können ein Lied davon singen.
Damit zusammenhängend der zweite wichtige Aspekt: Das Team war erstklassig vorbereitet und vor allem auch mental bereit für den großen Tag im Gerry Weber Stadion. Die Mädels gingen mit der perfekten Mischung aus maximaler Konzentration, etwas Nervosität und gesunder Anspannung, aber auch dem richtigen Schuss Lockerheit und viel Vorfreude aufs Parkett. Das Ergebnis ist bekannt.
Und trotzdem ist dies die Stunde, bei allem Stolz auf die gigantische Teamleistung ein paar Pokalhelden auch einzeln zu würdigen. Da ist zunächst Liana Mesa Luaces. Ihren wievielten sportlichen Frühling erlebt die 36-jährige Kubanerin derzeit eigentlich? 1998 wurde sie Weltmeisterin, nun, 16 (!) Jahre später, holt sie den Deutschen Pokal und wird als beste Spielerin des Finals ausgezeichnet. Was für eine Karriere!
Als Liana Mesa Luaces mit Kuba den WM-Titel holte, waren einige ihrer aktuellen Vilsbiburger Teamkolleginnen noch nicht einmal in der Schule. Linda Helterhoff zum Beispiel, heute 21, oder Anna Pogany, 19. Genau diese beiden hatten jetzt ebenfalls einen besonderen Anteil am Pokalsieg, weil sie auf zentralen Positionen das Spiel der Roten Raben trugen. Dabei standen sie in dieser Saison zunächst jeweils im Schatten einer amerikanischen Leistungsträgerin.
Doch als Libera Tamari Miyashiro ab November mit Rückenproblemen ausfiel, entwickelte Anna Pogany an ihrer Stelle eine Stabilität, die sie jetzt schon seit Wochen zur Säule in der Vilsbiburger Mannschaft macht, das Finale eingeschlossen. Linda Helterhoff wurde erst Mitte Februar nach der Verletzung von Zuspielerin Jenna Hagglund ins kalte Wasser geworfen; und wie sie seitdem die Offensivaktionen ihres Teams in Szene setzt, ist allererste Sahne – und war auch in Halle ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
Noch andere Namen wären zu nennen, etwa die Achse im Mittelblock: die coole Dominique Lamb, die in den letzten Wochen so stark auftrumpfende Celin Stöhr, dazu Cristina Alves, die zwar im Finale nicht zum Einsatz kam, aber als Kapitän und „Mutter der Kompanie" von unschätzbarem Wert für das Teamgebilde ist. Natürlich Jenny Geerties, die als Vize-Europameisterin im letzten Sommer nach Vilsbiburg kam und hier als 19-Jährige schon so viel Verantwortung übernimmt. Oder Michelle Bartsch, die nimmermüde US-Außenangreiferin, die ihre Punkte je nach Situation mit durchschlagender Kraft oder mit gutem Auge und feinem Händchen machen kann. Oder Silvia Sperl, die auch bei ihrem Kurzeinsatz in Halle dem Team wieder einmal sofort helfen konnte.
Und dann die Trainer. Was soll man sagen? Jonas Kronseder und Vera Bondar haben die Mannschaft nach der Trennung von Jorge Munari mitten in der Saison in einer schwierigen Phase übernommen. Heute stehen sie mit den Roten Raben in der Bundesliga auf Platz 2 und sind frischgebackener DVV-Pokalsieger. Kronseder, 26, und Bondar, 53, leisten vortreffliche Arbeit. Sie ergänzen sich so gut, dass die Mannschaft davon enorm und nachhaltig profitiert – sei es in der Matchvorbereitung oder beim Coaching während des Spiels.
Es gibt also viele gute Gründe, warum die Roten Raben Vilsbiburg Deutscher Pokalsieger 2014 geworden sind. Hier ist ein Team am Start, das stärker ist als die Summe der Fähigkeiten seiner einzelnen Protagonisten – und von dem man hoffen darf, dass es noch gar nicht am Ende seiner sportlichen Entwicklung angekommen ist.