Das Landshuter Kunst- und Auktionshaus Ruef versteigert Unikate eines Unikats, des Wiesenwirts Richard Süßmeier.
Landshut – pm (29.09.2021) „… links eine und rechts eine!“ Mit diesem berühmten Satz antwortete Richard Süßmeier gerne neugierigen Journalisten auf die Frage, was denn ein Wiesnwirt so verdient? Seit 2020 gibt es solche Fragen nicht mehr und auch in diesem Jahr wird es keine Wiesn geben. Der legendäre Ausruf des Oberbürgermeisters "Ozapf't is" gehört der Vergangenheit an und es bleibt nur die Erinnerung an eine gute alte Zeit, auf die man zurückblickt wie auf das Bild ferner Jugend.
Vielleicht werden ja in München's Vorgärten im Herbst kleinere Bierfässer, sogenannte Haser'l, oder Reher'l mit gerade einmal 15 oder 30 Lietern von g'standenen Männern in Tracht aus Nostalgie angezapft, aber die Presse wird nicht vor Ort sein. Den Duft nach gebrannten Mandeln könnte man dann nur am Hausherrn riechen, wenn er sich das sündhaft teure Eau de Parfum ( mit Mandelduft) hinter's Ohr getupft hat.
Objekte des Wiesenwirts Richard Süßmeier stehen am Samstag, 9. Oktober, zur Auktion.
Richard Süßmeier, dieses letzte Münchner Original verstarb letztes Jahr hochbetagt mit 90 Jahren.
Die Münchner mochten ihn und seine immer gern etwas aufmüpfige Art und wenn seine Augen aufblitzten, merkte man sofort, dass ihm der Schalk im Nacken saß. Er galt als "Wirte - Napoleon" und war überdies hinaus sicherlich der größte Spitzbub, der je am Zapfhahn eines Hirschen (200 l Fass) stand.
Andreas Ruef und Axel Schlapka als Inhaber des 1844 gegründeten Kunstauktionshauses freuen sich, ihren Kunden fast pünktlich zum "Anstich des ersten Fasses" auf dem Münchner Oktoberfest eine feine und sehr persönliche Auswahl an Objekten aus dem Besitz dieses berühmten "Münchner Originals" anbieten zu können.
Andreas Ruef ist stolz und pflegt, wie schon Großvater und Vater (Hugo Ruef sen. wird dieses Jahr im Herbst 94) die Tradition des Hauses und die schon immer guten Kontakte zu Altmünchner Familien.
Diese ausdrucksstarken Karrikaturen von Josef Benedikt Engl umfassen einen Zyklus von insgesamt 16 Exemplaren.
Zehn hervorragende Original Karikaturen des berühmten Dieter Hanitzsch sind eine köstliche Krönung dieser Sammlung, da kaum etwas auf dem internationalen Auktionsmarkt aus der spitzen Feder Hanitzsch 's angeboten wird. Da trifft es den Süßmeier genauso wie den Kohl, den Franz Josef Strauß, oder den Kronawitter erbarmungslos, denn Hanitzsch trifft immer ins Ziel. Zählt man nur zum Beispiel seine "Fangemeinde" auf Facebook, gehen sie in die Tausende. Drei Original - Briefe des legendären Sigi Sommers (bekannt als Blasius der Spaziergänger) zieren ebenso die Sammlung Süßmeiers, wie auch einige entzückende Zeichnungen der bekannten Münchner Karikaturistin Franziska Bilek. Auch eine Zeichnung des berühmten Norwegers Olaf Gulbransson fehlt nicht.
Süßmeier kannte und schätzte sie alle. Er war ein Wirt mit Ideen und lebte stets sein Motto: Eine Gaudi, eine Show muss sein. Nicht nur sein Spitzname "Napoleon der Wirte" machte ihn berühmt, sondern auch seine unnachahmliche Art. Seine treffenden pointenreiche Reden, seine Schlagfertigkeit und sein Sinn für Humor waren berühmt und geschätzt. Viele seiner Gäste kamen vor allem deswegen und auch wegen seiner legendären Auftritte, z. B. beim "Schnallenball" als Puffmutter "Ricarda" im legendären Straubinger Hof, oder als Bedienung "Anna" bei der Augustiner - Starkbierprobe. Sein Publikum liebte ihn. Er wusste immer was seine Gäste wollen und diese brauchten auch nicht zu fragen. Er gab ihnen einfach.
Die Auktion bei Ruef am Dreifaltigkeitsplatz beginnt um 10 Uhr.
Schon Sigi Sommer, mit dem Süßmeier befreundet war sagte einst: "Ein Weg ins Leben aber wird wohl jedem unvergesslich bleiben: die Straße der Kindheit nämlich."
Am frühen Morgen des 22. August 1930 kam Süßmeier in München zur Welt. Seinen Vornamen erhielt er vom damals gerade in München gastierenden berühmten Tenor Richard Tauber, für den seine Mutter und seine Tante so schwärmten. Er wuchs als Sohn des Besitzers des Straubinger Hofs, als "Wirtsbua" am Münchner Viktualienmarkt in der Obhut des Kindermädchens Toni auf.
Toni ging selber gerne zum Fasching und hatte ihre Freude daran, den kleinen Richard mit seinen Geschwistern zur Faschingszeit zu verkleiden. Seit dieser Kinderzeit hatte Süßmeier stets ein großes Faible für Verkleidung und lustiger Maskerade.
Als 1948 sein Vater starb, musste er gerade einmal 18- jährig, den Straubinger Hof mit seiner Mutter weiterführen. Die Nachkriegszeit war alles andere als üppig, aber die Menschen wollten wieder leben und wollten feiern als ob es kein Morgen gäbe.
Die Wirtsleute Süßmeier konnten nur mittags aufsperren, denn es gab ja kaum etwas in der Nachkriegszeit was man servieren konnte. Obendrein wurden ja auch die Gaststuben als Klassenzimmer zweckentfremdet. So ging also der kleine Richard quasi im eigenen Wirtshaus zur Schule. Ständige Begleiterin war seine geliebte Boxerhündin Anka und sein Lehrer rief immer vor Beginn des Unterrichts: "Ist der Richard und der Hund da? Gut, dann können wir anfangen.
In späteren Jahren dann erfand Süßmeier die sogenannten "Schnallenbälle" im Straubinger Hof.
War doch damals die Münchner Innenstadt um die Blumenstraße herum ein Rotlichtviertel. "Schnoin" nannte der Münchner in seinem unverkennbaren Dialekt die Damen - den nötigen Respekt vermissen lassend - und Süßmeier erfand den "Schnallenball" (Schnoinboi). Er selbst verkleidete sich als "Puffmutter Ricarda" und andere Gäste - nicht selten aus der Münchner Oberschicht verkleideten sich als Angehörige dieses Milieus. Er war halt schon einer mit einer großen Portion "Schneid".
Unter www.kunstauktionen-ruef.de lohnt sich ein Blick in den online-Katalog.
Heute in Zeiten überzogener gesellschaftlichen und politischen Korrektheit - wo selbst eine beliebte Sauce zum Schnitzel ihren Namen wechseln muss - wäre so ein Vergnügen, so ein Spaß und so eine Gaudi undenkbar. Zu seinen Gästen zählte auch Sigi Sommer, der sich aber nicht verkleiden wollte.
Süßmeiers Traum Wiesnwirt zu werden, ging dann 1958 in Erfüllung und er übernahm mit 27 Jahren das "Winzerer Fähnd'l" am Fuße der Bavaria. Es war mit Abstand das damals kleinste Zelt und nur mehr oder weniger eine schlichte Holzbaracke.
Statt mit Prachtrössern, zog Süßmeier als jüngster Wiesnwirt mit einem Leiterwager'l, das von zwei strubbeligen Eseln gezogen wurde auf die Wies'n ein. Allerdings schafften es die störrischen Tiere nur bis zur Sonnenstraße und den Rest des Weges musste Süßmeier mit seinen Leuten das "Wager'l" selbst ziehen. Einmal ritt er auch hoch zu Ross in sein Zelt ein oder auf einem Schaukelpferd in einer Ritterrüstung mit einem Hendl am Spieß.
Bald wurde aus seiner Baracke das große Armbrustschützenzelt in dem er immer an jedem ersten Wiesn'n Tag zum Prominentenschießen einlud. Franz Josef Strauß, Sigi Sommer, Gunter Sachs und Uschi Glas zählten zu seinen Gästen. Auch die überaus talentierte Zeichnerin Franziska Bilek kam damals in sein Zelt und schoss gleich beim ersten Schießen den "Vogel" ab.
Er hatte immer Verkaufsideen und so verschenkte er zum Beispiel für jedes verkaufte hundertste Hendl eine Gans.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wurde er 1970 zum Sprecher der Oktoberfestwirte gewählt und ab 1975 konnte er neben dem "Straubinger Hof" dem Gasthof "Spöckmeier" in der Innenstadt und auch die "Gaststätte Großmarkthalle" zu seinem Imperium zählen. Später kam das Forsthaus Wörnbrunn in Grünwald dazu.
1984 wurde es dann nimmer g'spassig für Süßmeier, als er sich mit dem damaligen Kreisverwaltungschef Peter Gauweiler anlegte. Gauweiler sagte der "schlecht eingeschenkten Maß " den Kampf an und Süßmeier spottete über ihn, indem er in seinem Armbrustschützenzelt Plakate aufhängen ließ, auf denen Gauweiler abgebildet war, mit dem Spruch: "Gauweiler sieht Dich ", "Gauweiler is watching you", dazu positionierte er sich davor als geschminktes Double. Das war zu viel und Süßmeier manövrierte sich in eine Schlacht die er verlor. Schankbetrug und Schwarzarbeit wurden ihm vorgeworfen und man entzog ihm - voreilig wie die Presse schrieb - die Konzession. Als Sprecher der Wiesnwirte musste er zurücktreten.
Münchens ehemaliger OB Christian Ude sagte in einem Nachruf über den "Napoleon der Wirte", er sei nicht nur ein prominenter und erfolgreicher Wirt und ein glänzender, pointenreicher Redner gewesen, sondern auch das Sinnbild eines Münchner Originals: "bekannt wie ein bunter Hund, kurios und populär, eine Stimmungskanone, die einen Treffer nach dem anderen abschoss".
„Hättest den Bierpreis schon eher g‘wusst, hättest dich vorher schon geärgert.“ Mit solchen treffsicheren Süßmeier-Sätzen konterte er gerne auf Beschwerden über den Bierpreis. Dazu muss man sich die Karikatur von Dieter Hanitzsch ansehen "Preispolitik der Wiesnwirte"! Wunderbar!
Richard Süßmeier ist im Spätherbst 2020 friedlich im Kreis seiner Familie eingeschlafen und wer weiß, wann wir wieder einen dieser Sätze hören werden, vielleicht von einem, der ihn vom Süßmeier übernommen hat.
"O'zapft is" zur Herbstauktion am 9. Oktober am Landshuter Dreifaltigkeitsplatz im Kunst- und Auktionshaus Ruef.