Landshut (03.03.2018) Am Sonntag, 11. März, wird um 11 Uhr die Lesereihe „Mitten ins Herz“ fortgesetzt. Diesmal findet die Matinee wegen Umbaumaßnahmen (vom 5. bis 19. März) nicht wie gewohnt im Lesecafé der Stadtbücherei statt, sondern im Saal des Salzstadels. Auf dem Programm steht Friedrich Hölderlin, dessen Poesie als einer der Höhepunkte der deutschen und abendländischen Literatur gilt.
Hölderlin ist nicht einfach, er lässt sich nicht einordnen – nicht Klassik, nicht Romantik. Er passt in keine Schublade, hat seinen ganz eigenen Ton, ist vielleicht seiner Zeit voraus. Der Schauspieler und Regisseur Heinz Oliver Karbus liest Hölderlins Gedichte und wird den Zuhörern diesen großen Dichter nahe bringen, im Wechsel mit dem Musiker Martin Kubetz.
Friedrich Hölderlin wurde am 20. März 1770 in Lauffen am Neckar geboren. Er wurde pietistisch erzogen von Mutter, Großmutter und Tante. Der Vater starb früh. Nach dem Schulbesuch in Nürtingen und Denkendorf begann er 1788 auf Wunsch der Mutter ein Theologiestudium in Tübingen. Während dieser Zeit freundete er sich mit Hegel und Schelling an und lernte auch Schiller kennen, auf dessen Empfehlung er 1790, nachdem er sein Magisterexamen bestanden hatte, seine erste Anstellung als Hofmeister bei der Familie von Kalb fand. Von 1794 an studierte er an der Universität Jena. Eine Zukunft als Pfarrer erschien ihm jedoch nicht erstrebenswert. Er sah sich als Dichter, hatte schon mit 20 Oden, Lieder und Hymnen geschrieben.
1796 trat er eine Stelle als Hauslehrer bei der Frankfurter Bankiersfamilie Gontard an. Er verliebte sich in die Gattin seines Arbeitgebers. Sie wurde später das Modell seiner Diotima im Briefroman Hyperion. Die schwärmerische Liebe zu Susette Gontard, die von ihr erwidert wurde, endete, als der in seiner Ehre verletzte Gontard ihn fristlos aus seiner Position entließ und so die Trennung der beiden erzwang. Mehrere Jahre reiste Hölderlin als Hauslehrer durch verschiedene Städte. 1802 starb Susette Gontard. Die Nachricht von ihrem Tod erschütterte den Dichter sehr. Er trauerte, gab sich die Schuld an ihrem Tod, wurde melancholisch und teilnahmslos gegenüber seiner Umwelt. Sein gesundheitlicher Zustand war schließlich so desolat, dass er zurück nach Nürtingen ging und die Pflege seiner Mutter in Anspruch nahm. Seine Freunde erkannten ihn aufgrund seiner Verwirrtheit kaum wieder. Aber trotz der Erschöpfung stürzte er sich in die Arbeit und übersetzte unter anderem Sophokles „den ganzen Tag und die halbe Nacht“. 1806 wurde Hölderlin, „dessen Wahnsinn“ laut seinem Freund Sinclair „eine sehr hohe Stufe erreicht hat“, gegen seinen heftigen Widerstand in die Universitätsklinik Tübingen eingeliefert. Nach sieben Monaten wurde er als „unheilbar“ entlassen. Von da an wohnte er, dem die Ärzte höchstens noch drei Jahre zu leben vorausgesagt hatten, im „Turm“ am Neckar. Das Tischlerehepaar Zimmer nahm sich seiner Pflege an. 35 Jahre verbrachte er dort, zurückgezogen in die Stille. Er dichtete weiterhin, die meisten Gedichte aus der Zeit gingen jedoch verloren.
Am 7. Juni 1843 starb Friedrich Hölderlin in eben diesem Turmzimmer im Alter von 73 Jahren. Er wurde zum Inbegriff des genialen wie wahnsinnigen Dichters. Ein tragischer Held, der in der Sprachkunst brillierte und an der Kunst des Lebens scheiterte.
Karten für 7 Euro sind in der Stadtbücherei im Salzstadel erhältlich. Reservierungen sind unter Telefon 0871/22877 möglich.
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Bildunterschrift:
Von Friedrich Hölderlins rauschhaften, wuchtigen und zugleich dunklen und melancholischen Gedichten „mitten ins Herz“ treffen lassen, kann man sich bei der gleichnamigen Lesereihe der Stadtbücherei mit Heinz Oliver Karbus (rechts) und Martin Kubetz am Sonntag, 11. März, im Saal des Salzstadels.