Rund 25 Werke Fritz Koenigs kommen am 20. Juli im Kunst und Auktionshaus Ruef zum Aufruf.
Landshut – pm (17.07.2019) Fritz Koenig und Landshut - das war eins, eine fast schicksalhafte Verkettung. Die Stadt mit ihren grandiosen Türmen und Straßenräumen hat ihn geprägt und er sie mit Brunnen und Skulpturen und seinem einzigartigen Museum, vergraben im Hofberg hinter der Stadtmauer. Nur wenige Künstler sind so sesshaft, so verwurzelt an einem einzigen Lebensraum verblieben wie er. Einer der größten Weltkünstler des 20. Jahrhunderts arbeitete eigensinnig ein Leben lang in und um Landshut herum. Ein langes Leben lang, im Februar 2017 ist er fast 93 jährig verstorben.
Seine längste Abwesenheit waren drei Jahre Krieg in Russland, dann 1951 ein Stipendium in Paris und 1957 ein halbes Jahr Stipendiat der Villa Massimo in Rom. Als man ihm 1961 die Leitung der Kunstakademie Düsseldorf anbietet, kann er sich schon nicht mehr zu einem Ortswechsel entschliessen.
Er war zwar in Würzburg geboren und kommt erst mit fünf nach Landshut. Der erste Einstieg ist damals wohl die Landshuter Hochzeit, er formt aus Plastilin endlose Reiterzüge. Pferde sind seine Leidenschaft, mit zwei Jahren soll er sie schon gezeichnet haben. Ein abgegriffenes Steiff-Pferdchen, sein Lieblingsspiel- zeug hat er noch im hohen Alter stolz gezeigt. Man hat es ihm in den Sarg gelegt. Wer ihn je bei Landshuter Hochzeitszügen auf seinem Araberhengst Nuri sattellos akrobatisch tollkühn hat reiten sehen, der wird das nie vergessen. Aus dem Würzburger wurde schnellstens ein klassischer Niederbayer mit allen Eigenheiten, durchgefärbt echt, Sprache, Denken, Witz, Auftrumpfen, gschert, raunzig, schlag- fertig, Meister im Derblecken, sensibel, melancholisch, gläubig.
1956 heiratet Koenig ein zweites Mal, Maria, eine gstandene Landshuterin, beide sind leidenschaftliche Reiter, sie haben sich zwei Vollblutaraberpferde gekauft und bauen sich 1961 in Altdorf auf dem Ganslberg, ein paar Kilometer vor der Stadt, einen großen Vierseithof mit Atelier und Werkstätten, mit Stall und Scheune.
Sie beginnen eine berümte Araberzucht, damit werden sie unbeweglich wie eben Viehbauern sind.
Inzwischen ist F.K. erfolgreich auf Ausstellungen im Ausland vertreten. Im Deutschen Pavillon der Weltausstellung in Brüssel, 1956 auf der Biennale in Venedig, in Antwerpen am Hafen mit seinem Steigenden Reiter, der heute vor der Landshuter Berufsschule steht. Die ersten großen Aufträge kommen. Der New Yorker Galerist George Staempfli wird in Brüssel und Venedig auf ihn aufmerksam und besucht ihn 1959 in Landshut und lädt ihn zu Ausstellungen in seine New Yorker Galerie ein. Dieser Kontakt führt 1967 zum Auftrag der Kugelkaryatide auf der Plaza vor dem World Trade Center in New York. Für das riesige Gipsmodell baut er extra eine große Halle, wie eine mächtige Scheune. Wie sehr ihm da Ganslberg das Fundament war für seine Arbeit, hat er einmal sehr schön formuliert: “Wissen Sie, wenn man sich von Ganslberg aus, hier, von diesem kleinen Kaff da, sich da drüben jetzt behaupten soll und es ist furchtbar schwer, das lebendig zu halten, über diesen Riesenraum, dann muss ich sagen, hab ich mich vielleicht hier angezogen für den Auftritt in der Arena in New York. Die Dimension ist Ganslberg, New York ist lediglich der Acker. Das ist keine New Yorker Dimension, sondern das ist die Ganslberger Dimension.“
Inzwischen füllte sich der Hof mit immer neuen Schätzen, nicht nur mit Koenigs Skulpturen. Denn F.K. war ein genialer, ein manischer Sammler mit dem unbestechlichen Blick des Künstlers, des Bildhauers. „Haben wollen, das hab ich schon als Kind immer gesagt.“ Verrückterweise ging durch Niederbayern, genau als die Beiden ihren neuen Vierseithof bauten, eine Zerstörungswelle ohnegleichen. Eine Nachkriegsmodernisierungswut, die alles Ererbte verachtete und wegwarf.
Die Koenigs haben davon profitiert, die schönsten steinernen Brunnentröge, Steinkugeln, Granitsäulen und Kapitelle aus demolierten Stallgewölben hat
F.K. auf den Ganslberg geschleppt. Im Wohnhaus vermehrten sich die Tölzer Bauernkästen, die geschnitzten Stühle und Tische, das Kröninger Hafnergeschirr, mundgeblasenes Glas, Votivbilder und edelste Biedermeiermöbel, an denen er am liebsten las und nachdachte. „Wann i a Schrank waar, dann dat i mi in den Sekretär verlieben.“ Natürlich war er jahrzehntelang auch Kunde von Ruef.
Vor allem aber wuchs seine Afrikasammlung. 1951 bei seinem Frankreich- Stipendium ist er zum ersten Mal in Paris afrikanischer Kunst begegnet. Sie packt ihn ein Leben lang, im Quartier Latin kauft er sein erstes Stück - „mit meinem letzten Geld“.
50 Jahre später hat er eine der bedeutendsten Privatsammlungen zusammengetragen, eine Sammlung von Weltrang. Vor allem schätzte er die überraschende Phantasie von grafischen Textilien und Korb- und Flechtarbeiten. Seine Liebe aber gehörte bravourösen afrikanischen Schmiedearbeiten, die er unbekümmert konfrontierte mit niederbayerischen eisernen Votivtieren, Kruzifixen und Heiligenfiguren. Für ihn gehörte das alles zusammen, die Welt der anonymen gläubigen Schöpfer, das Rätselhafte, das archaische Spüren einer Form.
„Das Unmachbare, das pausenlos Faszinierende und das bring ich unter meine Obhut.“
„Meine Arche Noah“ nannte er seinen Ganslberg. Wie alles, vermehren sich auch die Pferde. Und die Hühner. Und die Katzen. Und die Pfauen. 50 waren es angeblich am Schluss. Sie saßen auf den Bäumen, den Dächern und auf Koenigs Plastiken, die rings ums Haus standen, die perfekte Warnanlage, wie die Gänse auf dem Kapitol. Und immer ein Bernhardiner. Das alles war das Reich von Maria, seiner wunderbaren Hausfrau und Beschützerin, sein Halt im Leben.
Personal, Küche Telefon, Besucher, Dienstplan, Finanzen, das alles lief über sie. Sie hielt ihm den Rücken frei für seine Arbeit, für seinen Unterricht für Plastisches Gestalten an der TU München, fast 30 Jahre lang. Für das Vergnügen des Reitens. Sie führte den Hof.
Maria und Fritz Koenig haben 1993 ihren ganzen Besitz, das künstlerische Gesamtwerk F.K., aber auch den Ganslberg mit allen Bauten und allen Schätzen in eine Stiftung gegeben. Die Stadt Landshut erbaute ihm im Gegenzug sein eigenes Museum, das Skulpturen-Museum im Landshuter Hofberg und sie wird es auf ewige Zeiten unterhalten, zu seinem und zum Ruhm der Stadt.
Gesucht aber wird noch immer, gute zwei Jahre nach Fritz Koenigs Tod, nach einer zukunftsträchtigen Lösung für Ganslberg, diesen Kosmos, dieses Gesamtkunstwerk, den Charme, den Zauber, den magischen Künstlerort von Fritz und Maria Koenig.