Mit ihren Unterschriften wurde der Startschuss gegeben für die Digitalisierung eines außergewöhnlichen Geschichtsarchivs, von links: der Dozent Michael Achmann, Landrat Peter Dreier, Sebastian Schuder (1. Vorsitzender des Historischen Vereins Geisenhausen) sowie Dr. Albert Schröder, stellvertretender Direktor der Universitätsbibliothek Regensburg. (Foto: Julia Maier)
Landkreis Landshut / Geisenhausen - pm (22.02.2022) Archäologische Funde und Dokumente, die die Stürme und Zufälle der Zeiten überstanden haben, zeugen von Leben und Schicksalen der Menschen vergangener Jahrtausende:
Geisenhausen ist eine Gemeinde, die sich dieses Erbes würdig erweist und Bürger hat wie Sebastian Schuder, der gemeinsam mit Landrat Peter Dreier mit der Universität Regensburg einen Vertrag fix gemacht hat, um das Archiv eines berühmten Sohns Geisenhausens für die Zukunft und die Forschung zu sichern.
Es sind echte Glücksfälle für alle, die sich für die Geschichte und die Geschicke Geisenhausens (und weit darüber hinaus) interessieren: Das ebenso umfangreiche wie inhaltsreiche Archiv des in Geisenhausen geborenen und aufgewachsenen Moraltheologen Prof. Dr. Johann Stelzenberger (1898-1972) ebenso wie der Vertrag über die Digitalisierung des Archivs, der nun mit der Universität Regensburg geschlossen worden ist. Das Archiv ist von der Familie Stelzenberger an den Historischen Verein Geisenhausen übergeben worden, dessen Vorsitzender Sebastian Schuder ist.
Der lang gehegte Wunsch, das Stelzenberger-Archiv in einer Datenbank zu erfassen, ist nun durch eine Initiative der Kulturwissenschaftlerin Julia Maier vom Landratsamt Landshut möglich geworden: Sie hat die Kooperation mit der Universität Regensburg und ihrer Uni-Bibliothek in die Wege geleitet. In Regensburg wurden Dreier, Schuder und Maier bei der Übergabe der Archivbände willkommen geheißen von Dr. Albert Schröder, dem stellvertretenden Direktor der Universitätsbibliothek, und von Michael Achmann, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter von Prof. Dr. Christian Wolff (Lehrstuhl für Medien-Informatik).
Frontsoldat, Kriegspfarrer und Wissenschaftler
Stelzenberger ist in Geisenhausen geboren und aufgewachsen. Nach dem Abitur in Freising erlebte er den 1. Weltkrieg an der Front. Im 2. Weltkrieg ist er im Jahr 1939 als Kriegspfarrer eingezogen worden und erst Ende 1949 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft freigekommen. Nach einem durch diese Kriege, vor allem aber einem von wissenschaftlicher Arbeit reich erfülltem Leben und Stationen an den Universitäten Würzburg, Santiago de Chile, Breslau und Tübingen kam er zurück an die Stätte seiner Kindheit. An den Ort, wo er seine Wurzeln hatte und den er immer im Herzen getragen hat.
Zeit seines Lebens, so schildert Sebastian Schuder, der 1. Vorsitzende des Historischen Vereins Geisenhausen, suchte Prof. Stelzenberger möglichst viele
Quellen zur Geschichte seines Heimatorts zu sichern, zu sichten und systematisch zusammenzutragen. Was er über Jahrzehnte zu Papier brachte, füllte 2750
handgeschriebene Blätter mit Exzerpten aus dem Staatsarchiv Landshut und dem Ordinariatsarchiv München. Anschließend ordnete er diese mit Hilfe von KarteiKarten und erstellte zusätzlich ein Sach-, Orts- und Namensregister.
Suche in Archiven von Landshut bis Wolfenbüttel
Seit den 1920er Jahren und verstärkt nach seiner Emeritierung (1966) erforschte Stelzenberger die Geschichte seines Heimatorts. „Mit Stift und Papier in der Hand recherchierte er in Archiven in Landshut, München, Freising, Augsburg und Wolfenbüttel, durchsuchte Urkunden, Schriften und unterschiedliches
Quellenmaterial vergangener Jahrhunderte“, erzählt Julia Maier: „Und er schrieb alles auf, was er über seinen Heimatort finden konnte.“
Diese handschriftlich notierten Exzerpte heftete er in 14 großen blauen Ordnern ein. Der Inhalt der Ordner und das dazugehörige Register auf Karteikarten wird nun von Studenten der Master-Studiengänge „Digital Humanities“ und „Public History“ digitalisiert. Die Uni-Bibliothek stellt die notwendigen Geräte kostenlos zur Verfügung. Das Material wird eingescannt, mit Hilfe von TexterkennungsProgrammen weiterverarbeitet und von den Studenten strukturiert und aufbereitet. Als digitale Edition wird das Archiv dann im Internet für die Öffentlichkeit, für alle Interessierten und für die Forschung zur Verfügung stehen.
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