Landshut (24.08.2016 - 14.30 Uhr) Überraschend kamen heute, Mittwoch, 13 Uhr, nur etwa 65 Besucher und Zuschauer auf der Bartlmädult in Buchner's Weinstadl, um 80 Minuten lang den Isar TV-Talk der vier OB-Kandidaten (von links) Alexander Putz (53, FDP), Patricia Steinberger (44, SPD), Verena Maier (Moderatorin), Helmut Radlmeier (49, CSU) und Stefan Gruber (44, Die Grünen) zu verfolgen. Die jeweiligen Anhänger saßen wagenburgartig an Biertischen. Nur die SPD hatte mit Wahlkampfmanagerin Anja König lediglich eine Klatscherin zur Stelle.
Für Stefan Gruber war nur Stadtrat Prof Dr. Palme vor Ort. Die Radlmeier-Anhänger, darunter die CSU-Stadträte Hess, Humpeneder-Graf, Reichwein und Napf (parteilos), klatschten jeweils am lautesten. Aber auch die FDP war mit einer beifallfreudigen Putz-Fan-Gruppe dabei, darunter auch Stadtrat Hoffman sowie BfL-Stadtrat Friedrich sowie die FDP-Kreisvorsitzende Nicole Bauer. Zur persönlichen Vorstellung hatten die Kandidaten jeweils zwei Minuten Zeit.
Patricia Steinberger - im feschen Dirndl, wie bei allen einen Bierkrug (mit Wasser) vor sich - stellte heraus, dass sie eine gebürtige Landshuterin sei und schon als 14-jährige im elterlichen Malermeisterbetrieb mitgeholfen Habe. Jetzt sei sie in einem 1.400 Mitarbeiter großen Betrieb am Flughafen im Bereich Finanzen, Controlling tätig. Sie verstehe etwas von Finanzwirtschaft als studierte Dipl. Betriebswirtin. Die SPD-Kandidatin sprach sofort auch ihr Paradethema "Gründung einer Städtischen Wohnungsbaugesellschaft" an. Siie ist gegen runde Tische, wohl ein Seitenhieb auf Radlmeier. Sie will als Oberbürgermeisterin zwar auch diskutieren und moderieren, aber vor allem schnelle Entscheidungen herbeiführen.
Stefan Gruber stellte sich ebenfalls als gebürtiger Landshuter vor, der jetzt Mitarbeiter der Bayerischen Landesbank ist. Er sprach ebenfalls sofort den dringend notwendigen Bau von Wohnungen an. "Hier ist leider die letzten Jahre gar nichts geschehen", so Gruber. Er steht im übrigen für moderne Formen der Mobilität. "Eine Süd-Ost-Umfahrung brauchen wir", so Gruber, "aber keine vierspurige wie bei der Fortführung der B 15neu geplant.
"Wir brauchen eine Ost- und eine Westtangente", so Helmut Radlmeier. Diesbezüglich zieht er mit den Kandidaten Alexander Putz und Patricia Steinberger an einem Strang. Radlmeier, der diesmal recht selbstbewußt auftrat, sprach seine langjährige politische Erfahrung von der Schüler- bis zur Jungen Union und an die Spitze der Landshuter CSU an. Seit 2002 sei er Stadtrat, seit 2013 zudem Landtagsabgeordneter. Prinzipiell vertrat der CSU-Kandidat die aktuelle Stadtpolitik ohne wesentliche neue Akzente.
Alexander Putz merkte man die Lust an derlei Diskussionsrunden sichtlich an. Er ist mit 19 Jahren aus Österreich nach Landshut gekommen. Er hat zwei erwachsene Kinder. Eine Tochter ist Ärztin am Klinikum. Mit 30 gründete er sein Planungsbüro. Die Stadt Landshut sieht der FDP-Kandidat vor "riesigen Herausforderungen". Auch der neue OB werde keine eigenen Mehrheiten haben. Er müsse also gut moderieren und kooperieren sowie als "Impulsgeber" tätig sein. Putz will durch die Zusammenfassung von Wirtschaftsförderung, Marketing und Tourismus beim Rathauschef für mehr Effektivität, für neue Betriebe und damit für die dringend erforderlichen höheren Einnahmen sorgen. Putz bekam in der ersten Runde den deutlich stärksten Applaus, ja sogar "Bravo"-Rufe waren dabei.
Aufmerksam verfolgten die Besucher und Zuschauer die einzelnen Talk-Beiträge
Beim Thema Schuldenabbau überraschte Patricia Steinberger mit einem kühnen Vorschlag. Sie will 50 Prozent der Steuereinnahmen jährlich für den Abbau des riesigen Schuldenbergs verwenden und lediglich die restlichen Einnahmen für neue Investitonen verwenden. Nur Parteifreundin Anja König applaudierte. Die SPD hatte keine sonstigen Anhänger mitgebracht.
Stefan Gruber sieht derzeit "keine Möglichkeit zum Schuldenabbau, das geht jetzt nicht", so der grüne Kandidat, weil die Stadt die nächsten Jahre in viele kostspielige Projekte (z.B. 80 Mio. Euro für Schulbauten) investieren müsse. Dabei bezeichnete es Gruber als höchst ärgerlich - hier fiel das Wort "verarscht" - dass die CSU-Stadträtin Pongratz bei der letzten Plenarsitzung vor den Ferien die Entscheidung für die Sanierung des Lehrschwimmbeckens bei der St. Wolfgangschule mit dem Antrag auf 2. Lesung erneut auf die lange Bank geschoben habe. Radlmeier verteidigte seine Kollegin. Die CSU sei eine demokratische Partei, da gäbe es manchmal unterschiedliche Meinungen. Gruber will ansonsten ähnlich wie Putz dafür sorgen, dass die Stadt durch neue Betriebe höhere Einnahmen erzielen könne. Später sprach sich Gruber für eine Verwaltungsreform im Rathaus aus. Ein kleine Reform gab es ja im zweiten Amtsjahr von OB Rampf 2005.
Helmut Radlmeier vertrat weitgehend die offizielle Rathauslinie bei Investionen und Schuldenabbau und er will sich für möglichst hohe Fördermittel für die einzelnen städtischen Projekte einsetzen. Eine Verkürzung der neuen Amtsperiode von sechs auf 3 1/2 Jahre (bis 2020), um die Wahl des Stadtrats wieder mit der OB-Wahl zusammenzulegen, lehnte Radlmeier für seine Person rundweg ab. Schließt dies aber für die übernächste Amtsperiode nicht aus. 3 1/2 Jahr seien für einen neuen OB einfach zu kurz, um wirklcih neue Akzente setzen zu können. Ähnlich äußerte sich zu diesem Thema Stefan Gruber. Auch er wolle sechs Jahre Rathauchef sein, ehe er sich wieder zur Wahl stelle. Und Gruber attackierte erstmals direkt den jetzgien Amtsinhaber ohne seinen Namen zu nennen: "Es fehlt einfach ein Masterplan für den Bau von bezahlbaren Wohnungen in Landshut". Zum gleichen Thema nahm Gruber schon am Vormittag bei einer Pressekonferenz mit MdB Dr. Thomas Gambke Stellung.
Eine Zusammenlegung der OB-Wahl mit der Stadtratswahl kommt für Patricia Stenberger frühestens 2026, zur übernächsten Stadtratswahl, in Frage. Also Alexander Putz ist bei diesem Thema allein auf weiter Flur. Bis dahin will Patricia Steinberger eine entscheidungsfreudige Oberbürgermeisterin sein, denn derzeit sei es für viele Projekte schon eher fünf nach 12 Uhr. Schade, die selbstbewußt auftrumpfende SPD-Kandidatin hätte heute mehr Beifall verdient gehabt. Ein Fehler der Wahlkampfregie, dass weder ein Stadtrat noch andere SPD-Anhänger (die Partei hat 200 Mitglieder) zum Fernseh-Talk kamen. Ähnlich erging es auch Kandidat Stefan Gruber. Doch es folgen ja noch drei weitere Podiumsdiskussionen Ende Semptember.
Gesendet wird die von der ebenso jungen wie hübschen TV-Redakteurin Verena Maier souverän moderierte Fernseh-Talk-Runde von Isar TV am Dienstag, 30. August, ab 18 Uhr in voller Länge. Kurzberichte sind schon vorher geplant. /hs
Am Ende der Talk-Runde funktionierte der wohlverdiente Schluck aus dem Bierkrug wie einstudiert.
Fotos Moosbühler