Prof. Dr. Anna Heringer: Keine Freundin von Zement und Beton. Sie bevorzugt nachhaltiges Bauen mit natürlichen Materialien aus der Natur.
Landshut (25.04.2018) schon vergangene Woche war Prof. Dr. Anna Heringer auf Einladung des Vereins „architektur und kunst“ zu Gast in der Heilg Geist Kirche. Heringers Architekturphilosophie besteht nicht aus standardisierten Rastern, wie sie heute im „moderne“ Wohnungsbau gang und gäbe sind. Sie setzt auf nachhaltige Architektur, in der sich die Bewohner wohl fühlen. Sie stellt soziale und ökologische Verantwortung in den Mittelpunkt ihres Schaffens, anstatt maximale Rendite zu erwirtschaften.
Galerist Jörg Ludwig, konnte vor den rund 50 Zuhörern die Referentin des Abends, Prof. Dr. Anna Heringer, begrüßen und nannte sie eine „Hoffnungsträgerin einer nachhaltigen, den Menschen und dem Erhalt unseres Planeten verpflichtenden Architektur“. Heringer, 1977 in Laufen in Oberbayern geboren, zählt heute weltweit zu den gefragtesten Referentinnen, wenn es um Nachhaltigkeit in der Architektur geht. So lehrt und lehrte sie als Gastprofessorin in Zürich, München, Stuttgart und Wien und stellt ihre Projekte beispielsweise bei den Architekturbiennalen in Venedig vor.
Sprach für den Verein "kunst und architektur" die einführenden Worte: Jörg Ludwig.
Schon mit 19 verbrachte Prof. Dr. Anna Heringer ein Jahr in Bangladesch. Das prägte ihre Sichtweise zur Architektur. „Wir müssen erkennen, welche Ressourcen die Erde bietet. Wir müssen sie erkennen und nutzen“, so Heringer. In Bangladesch beispielsweise stehen Bambus und Lehm als Baumaterial zur Verfügung. Daraus wurde mit ihrem Mitwirken innerhalb von sechs Wochen eine Schule gebaut. Die Kinder waren in den Bauprozess mit integriert und das Budget für den Schulbau kam durch die regionalen Arbeitskräfte direkt den Menschen vor Ort zu Gute.
So hat die Materialwahl einen direkten und positiven Einfluss auf die Gesellschaft, anstatt in die Kassen der Beton- und Zementindustrie zu fließen. In Marokko, einem Land in dem traditionell mit Lehm gebaut wird, spielt die Ornamentik eine große Rolle. Sie sorgt gleichzeitig für eine wohlfühlende Beschattung, spiegelt alte kulturelle Elemente wieder und sorgt für eine unverwechselbare Ästhetik der Gebäude. Dies steht im deutlichen Gegensatz zu unserer Stadtplanung, die aus standardisierten Rastern besteht, so Anna Heringer.
Drei Milliarden Menschen leben weltweit in Lehmbauten, aber kaum eine Universität lehrt darüber. Lehm, so stabil wie Beton, gilt für Heringer als „softer“ Baustoff. Für sie ist es nur eine Frage der Kreativität, wie man alte Baustoffe neu umsetzen kann. Zudem ist Lehm ohne Qualitätsverlust recycelbar. Obendrein gilt Lehm als sehr gesunder Baustoff, da er die Luftfeuchtigkeit ausbalanciert.
Heringers großer Traum wäre, ein Hochhaus in Manhattan, einem der dicht besiedelten Orte der Welt, aus Lehm zu bauen. So wird wohnen menschlicher, gesünder und nachhaltiger. Anstatt auf Beton und Zement zu setzen, sollte besser das Baumaterial vor Ort verwendet werden. In unseren Breitengraden, wird der Lehm, der beim Aushub der Baugrube zu Tage kommt, ungeachtet als Abraum abtransportiert. Prof. Dr. Anna Heringer hätte für das Material bessere Ideen.