MdL Ruth Müller zur frauenpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion gewählt
(11.08.2016) Vor dem Beginn der parlamentarischen Sommerpause wurde die Pfeffenhausener Landtagsabgeordnete Ruth Müller zur frauenpolitischen Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion gewählt. Gemeinsam mit ihrer Landtagskollegin Dr. Simone Strohmayr (Schwaben) haben die beiden frauenpolitischen Sprecherinnen mittlerweile rund die Hälfte der 40 bayerischen Frauenhäuser in den letzten beiden Jahren besucht. In diesem Jahr hatten die beiden Politikerinnen den Focus ihrer Frauen-Sommer-Reise auf Oberbayern und Schwaben gelegt.
In diesen beiden Bezirken wollten sie mit den Gleichstellungsbeauftragten, Frauennotrufen und Frauenhausleitungen ins Gespräch kommen.
Dabei wurde eins deutlich: „Ohne die Ehrenamtlichen würde das Versorgungskonzept der Frauenhäuser bayernweit nicht funktionieren, so Ruth Müller. Das liegt an den Finanzierungsvoraussetzungen für die bayerischen Frauenhäuser: Der Träger – entweder ein gemeinnütziger Verein oder ein Verband der freien Wohlfahrtspflege – hat einen Eigenanteil von zehn Prozent zu leisten. Bietet ein Frauenhaus für fünf Frauen mit ihren Kindern Zuflucht in Notsituationen an, so belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 200.000 Euro im Jahr, wovon immerhin 23 Frauenhäuser in Bayern lediglich einen Zuschuss des Freistaats von 20.250 Euro oder noch weniger erhalten. Auch die beiden Landshuter Frauenhäuser der AWO und Caritas erhalten den Zuschuss in dieser Höhe. In den letzten 20 Jahren ist der Zuschuss nur einmal erhöht worden – und das war im Jahr 2009, weiß Ruth Müller aus ihren Anfragen zu diesem Thema.
Die bayerischen Frauenhäuser sind damit dringend auf die Unterstützung der jeweiligen Kommunen angewiesen – und natürlich auf Spenden zugunsten ihrer Einrichtungen. Ein besonderer Schwerpunkt seien auch die ökonomischen Probleme, die durch einen Einzug ins Frauenhaus auftreten: Für die Versorgung der Frauen und Kinder gibt es häufig einen Schrank mit den nötigsten Dingen wie Hygieneartikel, Tütensuppen und Konserven, da viele Frauen mit ihren Kindern mittellos im Frauenhaus landen. Oft müssen die Frauenhäuser dann Geld für die ersten Tage vorschießen, da die Bearbeitung der Anträge in den Jobcentern einige Zeit in Anspruch nimmt. „Auch hierfür brauchen wir Zeit und Geld“.
Besonders kurios empfindet die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ruth Müller, eine Regelung, dass der – ohnehin niedrige – Zuschuss gekürzt werde, wenn das Frauenhaus über drei Jahre keine 75%ige Auslastung habe. „Schließlich erhalten die Feuerwehren auch keine Kürzung der Zuschüsse, nur weil es drei Jahre nicht brennt“, zeigt sich Ruth Müller verwundert.
Bessere Personalausstattung ist gewünscht
„Die Einrichtungsleitungen verwalten den Mangel“, so Ruth Müller. Im Durchschnitt ist in den bayerischen Frauenhäusern lediglich eine Vollzeitstelle für die Arbeit mit Frauen (pro 4 – 5 Frauenhausplätze) vorgesehen. Und für die Arbeit mit Kindern ist die Ausstattung sogar noch schlechter, als von der bundesweiten Frauenhauskoordinierung vorgegeben, wie die aktuelle „Studie zur Bedarfsermittlung zum Hilfesystem für gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Bayern“ ergeben hat: Im Durchschnitt ist lediglich eine Vollzeitstelle für 13 Kinderplätze vorhanden, während die bundesweite Empfehlung von einem Schlüssel von 3 zu 10 ausgeht.
„Es braucht mehr sozialpädagogisches Personal für die Arbeit mit den Frauen, die viel Hilfe und Betreuung bei dem Start in ein neues Leben brauchen“, fordert Müller eine bessere Unterstützung. Auch hauswirtschaftliche Hilfe sei vonnöten, denn ein Haus, in dem regelmäßig Frauen mit ihren Kindern aus- und einziehen und auf engstem Raum wohnen, werde stark strapaziert.
Bürokratieabbau bei den Interventionsstellen
Für den Betrieb der Interventionsstellen, die in den Regierungsbezirken nun eingerichtet wurden, wünschen sich viele Trägervereine der Frauenhäuser deutlich weniger bürokratischen Aufwand bei der Abrechnung. Ein großes Anliegen ist den Frauen auch der Betrieb der Notruftelefone. Hierfür fänden sich immer weniger Ehrenamtliche, die bereit seien, einen 24-Stunden-Notdienst an sieben Tagen der Woche zu leisten. „Wenn nachts um zwei Uhr das Telefon klingelt, muss man parat stehen und kompetent helfen können“ – und das geschieht ehrenamtlich.
Bezahlbaren Wohnraum schaffen
Ein besonderes Problem ist die Wohnsituation in den Ballungsregionen: Die Verweildauer in den Frauenhäusern steigt fast überall an, weil die Frauen mit ihren Kindern nur sehr schwer einen passenden, bezahlbaren Wohnraum finden. Und dadurch steigt auch die Zahl der Frauen mit Kindern, die abgewiesen werden müssen: Bayernweit wurden im Jahr 2014 4.257 Frauen abgewiesen, davon 2.845 wegen Platzmangel. „Wir brauchen ein abgestuftes Versorgungskonzept für Frauen in Not“, fordert Ruth Müller. Es gebe schließlich auch Frauen, die beispielsweise nur Beratung und Hilfe brauchen, es gebe Frauen mit älteren Söhnen, die in den regulären Häusern keinen Platz erhalten oder Frauen mit verschiedenen Problemlagen wie Sucht, Behinderung oder psychischen Erkrankungen. Für all diese Fälle gebe es meistens keine adäquaten Betreuungsplätze. „Und wir brauchen einen Rechtsanspruch auf einen Platz im Frauenhaus“, hier sei der Bund gefordert, dies umzusetzen, stellt Ruth Müller fest.