Veiden (02.03.2017) Faschingsmusik und bunte Dekoration empfing die Landshuter Landtagsabgeordnete Ruth Müller beim Betreten den Seniorenheims St. Vinzenz in Velden, wo sie sich gemeinsam mit Altbürgermeister Gerhard Babl über die allgemeine Situation und die Bedürfnisse der Pflegekräfte informierte.
Bei einem Hausrundgang wurden sie von Kreisgeschäftsführer Martin Hofreuter, der Heimleiterin Monika Härtle, sowie der Pflegedienstleiterin Gerda Schaumeier, über die Ausstattung des Heimes in Kenntnis gesetzt. Müller, die im Ausschuss „Gesundheit und Pflege“ im Bayerischen Landtag tätig ist, will im Gespräch vor Ort einen Einblick in die Arbeit im Pflegebereich bekommen und Ideen für parlamentarische Initiativen mitnehmen.
Neben 94 Heimplätzen bietet das Seniorenheim St. Vinzenz außerdem eine eingestreute Tagespflege mit Verpflegung, Beschäftigung und Ruheräumen an. Die Mahlzeiten werden für die Bewohner unter Verwendung regionaler Zutaten selbst hergestellt. Abends sitzen die Heimbewohner oft in den verschiedenen, ansprechend eingerichteten Aufenthaltsräumen beisammen, nicht selten werden sie dabei auch von ihren Angehörigen besucht. Dies bedeute den Senioren sehr viel, da so die Verbindung zum normalen Leben und Alltag bestehen bleibe, so Härtle. Besonders wiesen die beiden Damen der Einrichtung auf den offenen Küchenbereich hin, der ebenso einen wichtigen Teil für die Einbindung der Senioren in den Alltag darstelle. In diesem Küchenbereich könne man nämlich selbst jederzeit eine Zwischenmahlzeit bereiten oder Kuchen backen, außerdem trügen die typischen Küchengeräusche weiter zu einer Einbindung in das gewohnte Alltagsleben bei. In das 1910 erbaute und später zum Seniorenheim umgestaltete Krankenhaus könne jeder Bewohner außerdem, sofern erwünscht, sein eigenes Mobiliar mitnehmen. Neben typischen Beschäftigungsgruppen, die vor allem Frauen ansprechen, hat St. Vinzenz außerdem einen monatlichen Frühshoppen nur für Männer ins Leben gerufen, der begeistert angenommen wird.
Die durchschnittliche Verweildauer eines Bewohners liegt bei unter einem Jahr, da sich die Pflege in der letzten Zeit gewandelt hat. Viele ältere Menschen werden heute so lange es geht zuhause versorgt, oft auch von den Angehörigen, um dann durch Tagespflege und später Kurzzeitpflege einen „weichen“ Einstieg in den stationären Aufenthalt zu vollführen. Im Seniorenheim St. Vinzenz wird außerdem ausgebildet, fünf Azubis verschiedenster Altersklassen lernen und unterstützen den täglichen Ablauf. Lobende Worte fand Müller für diese Einstellung, die leider nicht bei allen Trägern verbreitet ist.
Angesprochen auf die Sanierungs- und Umbaumaßnahmen erklärt Martin Hofreuter, dass solche Unternehmungen für jede Pflegeeinrichtung immer wieder einem Kraftakt gleichkämen, da zunächst in Vorleistung gegangen werden müsse und die Vorgaben gerade für Altbauten teilweise sehr eng und nur mit großem Aufwand umsetzbar seien, wie zum Beispiel der Wunsch des Tiefersetzens sämtlicher im Haus befindlicher Fensterbrüstungen für Rollstuhlfahrer.
Ein weiterer wichtiger Punkt war für die beiden Leitungsmitarbeiterinnen der Nachtwachenschlüssel. Durch die feste Personalvorgabe würden der Pflege am Tag ganze Kräfte fehlen, was letztlich auch zu für die Bewohner unangenehmen Folgen wie frühmorgendliches Waschen führen würde, da die Pflegekräfte der Nachtschicht eben auch verpflichtende Aufgaben übernehmen müssten, wobei der Großteil dieser aufgrund der Uhrzeit wegfalle. Auf die Frage Ruth Müllers, ob die anwesenden Experten in der Generalistik, der breit angelegten Pflegeausbildung mit erst späterer Spezialisierung, eine Chance auf mehr Fachkräfte sehen würden, lautete die Antwort unisono: „Eher nicht.“ Das Problem der generalistischen Pflegeausbildung sei dabei, dass die vielseitige Einsetzbarkeit der Absolventen nur schlecht realisierbar sei, da Fachwissen schnell veralte und eine Fachkraft, die längere Zeit in einem Bereich gearbeitet hat, nicht ohne Schulung einfach in einen anderen Bereich übertreten könne. Hofreuter sieht noch am ehesten die Möglichkeit, den Wechsel von der Altenpflege ins Krankenhaus zu vollziehen, da dort auch spezifische Kenntnisse in Demenz- und Altenpflege benötigt würden: „Hier müssen noch viele Schrauben nachgestellt werden“.
Auch die Rekrutierung geeigneter Fachkräfte gestaltet sich als schwierig. „Es ist niemandem geholfen wenn man Menschen in diese Ausbildung steckt, die einfach nicht mit anderen und vor allem älteren Menschen umgehen können“, weiß Härtle aus ihrer langjährigen Erfahrung. Da der Pflegeberuf nach wie vor stark weiblich dominiert sei, ließe sich das Problem jedoch signifikant entspannen, wenn für die Betreuung der Kinder der Angestellten gesorgt sei. Da es allerdings an Ferienbetreuung und einem Hort fehlt, ein eigener jedoch aufgrund diverser Auflagen nicht realisierbar sei, sei das Problem nach wie vor ungelöst. Gerhard Babl verspricht, die Hortsituation mit der Veldener Jugendbeauftragten zu klären. „Wir wissen, dass Pflegekräfte rar und unverzichtbar sind und daher wahre Leistungsträger der Gesellschaft sind“, so Müller. Deshalb müsse man die Arbeitsbedingungen verbessern, aber auch für bezahlbaren Wohnraum sorgen.
Zum Pflegestärkungsgesetz gibt es durchweg positive Resonanz, jedoch weist Martin Hofreuter darauf hin, dass die aktuelle Personalstärke dennoch in absehbarer Zeit durch die dann veränderte Einstufung der Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr zu halten sein würde und die tatsächliche Umstellung für alle Betroffenen relativ kurzfristig realisiert wurde. Die Umstellung der Pflegedokumentation, die den Weg weg vom Dokumentenwust hin zum Wichtigsten und für den einzelnen Bewohner wirklich Relevanten ebnen soll, sei zum Beispiel enorm zeitintensiv. Für die komplette Umstellung sind bis zu 800 Arbeitsstunden angesetzt, da die Mitarbeiter geschult werden müssten, das Qualitätsmanagement umgestellt werden müsste und dies obendrein nicht finanziell unterstützt würde. Es sind sich dennoch alle einig, dass die Umstellung wichtig und sinnvoll ist, da die gut ausgebildeten Pflegekräfte den bisherigen Zwang zur Dokumentation jedes Details als Mißtrauensvotum gegenüber ihrer Person und Kompetenz sehen.
Angesichts einer älter werdenden Bevölkerung müsste eine gesellschaftliche Debatte zur „guten Pflege“ geführt werden, die sowohl die pflegenden Angehörigen, die Pflegekräfte aber selbstverständlich auch die Senioren selbst im Blick hat. Jeder müsse sich überlegen, wie die eigenen oder man selbst im Alter betreut werden wolle. Und dazu müssten die Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit dieser Wunsch möglich werden könne. Gute Pflege muss der Gesellschaft nicht nur Anerkennung sondern eben auch Geld wert sein, so Müller.
Im Bild oben von links Heimleiterin Monika Härtle, Pflegedienstleiterin Gerda Schaumeier, Altbürgermeister Gerhard Babl, Kreisgeschäftsführer BRK Martin Hofreuter, MdL Ruth Müller