Landshut - pm (08.08.2019) „Glück auf“ hieß es vor 30 Jahren, im Januar 1989 im BMW Group Werk Landshut: Damals nahm die Leichtmetallgießerei am Standort die Produktion auf. Seither sind weltweit viele Automobile und Motorräder der BMW Group mit Gussteilen aus Landshut unterwegs. Die Gusstechnologie ist für den Standort zum wichtigen Wachstumsmotor geworden.
Die Leichtmetallgießerei hat sich permanent weiterentwickelt – bis hin zur kürzlich erfolgten Digitalisierung ihrer Instandhaltung und dem 3D-Druck von Sandkernen für den Serienguss.
Mit der Leichtmetallgießerei erweitert die BMW Group ihren Standort in Landshut nach Osten – auf die Fläche der Gemeinde Ergolding. Zunächst entstehen ab 1987 die Aluminiumgießerei und eine Halle zur Bearbeitung von Aluminiumteilen. Die Konzentration auf Leichtmetallguss beschleunigt das Wachstum in dieser Zeit: 1993 entscheidet man sich, künftig nur noch Motorenkernbauteile zu gießen, insbesondere Kurbelgehäuse in Kokillenguss-Technologie. Als Kokille (aus dem Französischen für ‚Schale‘) wird das formgebende Metallwerkzeug bezeichnet.
Ab 1997 kommen Reihen-6-Zylindermotoren zur Produktpalette hinzu. Dafür entwickeln die Mitarbeiter das sogenannte Lost-Foam-Gussverfahren, das hier in Landshut erstmals überhaupt zum Einsatz kommt. Es handelt sich dabei um ein Positivverfahren: Mit Styropor-Modellen wird die Geometrie des Bauteils nachgebildet. In Landshut bilden heute zwei Zylinderköpfe ein Styropormodell, die sogenannte Traube. Das Styropor ist mit einer feuerfesten Schicht überzogen. Diese keramische Schlichte ermöglicht die Trennung des Aluminiums vom umgebenden Sand. Die Traube wird in Sand eingebettet und mit flüssigem Aluminium übergossen: Das Styropor verdampft, und das Aluminium nimmt seinen Raum ein. Das Lost-Foam-Verfahren ermöglicht den Guss filigraner, dünnwandiger Strukturen und spielt insofern für die Gewichtsreduktion der Gussteile eine entscheidende Rolle.
Ab 2000 wird die Leichtmetallgießerei in mehreren Schritten vergrößert: Neue Hallen entstehen für die Serienfertigung von Kurbelgehäusen, von Fahrwerkskomponenten und für die Magnesiumgießerei (2004). Ab 2011 investiert die BMW Group rund 100 Mio. Euro in die weitere Ausbaustufe der Leichtmetallgießerei: Die Schmelzerei, eine neue Druckgießerei und Kernmacherei sowie Erweiterungsbauten entstehen. Die Mitarbeiterzahlen in der Technologie steigen rapide: Heute sind knapp 1.900 Menschen in der Leichtmetallgießerei beschäftigt, die Belegschaft hat sich seit den neunziger Jahren verdoppelt.
Das Wachstum geht stets mit Innovationen einher: So gelingt 2003 eine weitere Weltpremiere, der Guss eines außergewöhnlich leichten Magnesium-Aluminium-Verbundkurbelgehäuses. Wenige Jahre später entwickeln die Mitarbeiter ein neuartiges Verfahren, um die herkömmlichen organischen Kunstharzbinder (Kleber) bei der Fertigung der Sandkerne zu ersetzen. Ab 2009 werden diese umweltschonenden, anorganischen Bindemittel großflächig verwendet. 2010 und 2012 erhält die Leichtmetallgießerei Landshut als weltweit erste emissionsfreie Gießerei Auszeichnungen. 2014 und 2018 werden ihre innovativen Produkte aus Leichtmetallkombinationen bei der Fachmesse Euro-Guss prämiert.
Die Innovationen der jüngsten Zeit beruhen neuerdings auf der Digitalisierung der Leichtmetallgießerei: Seit kurzem kommen die für den Kokillenguss notwendigen Sandkerne aus dem 3D-Drucker. Das Verfahren, seit einigen Jahren in der Entwicklung, ist mittlerweile reif für die Großserie.
Digitalisiert hat sich seit wenigen Monaten auch die Instandhaltung der Gießerei: Smart Maintenance ist in der herausfordernden Arbeitsumgebung mittlerweile Alltag. In der Leichtmetallgießerei setzen ganzjährig hohe Temperaturen, komplexe Fertigungsprozesse, Sand und eine schwankende Luftfeuchtigkeit den Anlagen im Dauerbetrieb zu. Hier sind rund 200 Instandhalter gefordert, die Maschinen im Einsatz zu überwachen, zu warten und zu reparieren. Seit kurzem funktioniert das konsequent digital, auf Basis von hausintern entwickelten Instandhaltungs-Apps. Dafür hat die Leichtmetallgießerei als erster großflächiger Fertigungsbereich innerhalb der BMW Group in den Gusshallen ihre Arbeitsprozesse grundlegend umgestellt. Heute ist jeder Arbeitsschritt digitalisiert. Der Landshuter Standortleiter Dr. Peter Fallböhmer erklärt: „Wir haben viel in die Digitalisierung unserer Instandhaltung investiert. Je störungsfreier unsere Anlagen laufen, umso effizienter ist unsere Fertigung. Gerade bei einer Gießerei im Dreischichtbetrieb zahlt sich das aus.“
Für Instandhalter Michael Müller (Bild), der seit vielen Jahren für den Maschinenpark vor Ort zuständig ist, ist das Smartphone heute das wichtigste Arbeitsgerät: Er und seine Kollegen tragen dieses immer bei sich. Das Smartphone alarmiert frühzeitig via App über Störungen und deren mögliche Fehlerursachen. Innerhalb weniger Sekunden lässt sich eine Anlage heute eindeutig identifizieren – das Abscannen des angebrachten QR-Codes genügt.
Der Instandhalter kann darüber hinaus im Lager nach Ersatzteilen suchen und diese reservieren. Sollte das Verschleißteil nicht vorrätig sein, lässt es sich via App per Fingerdruck gleich bestellen. Der gesamte Instandhaltungs- und Bestellvorgang schrumpft auf ein paar Klicks zusammen. „Heute habe ich mehr Zeit für das Wesentliche, für die Arbeit an der Maschine“, so Müller.
Die Digitalisierung ermöglicht mehr und mehr eine ‚vorbeugende‘ Instandhaltung der Anlagen, die das Ausfallrisiko minimieren soll.
„Predictive Maintenance“ Anwendungen errechnen dabei die Ausfallwahrscheinlichkeit oder die Restlebensdauer von Anlagen. Werkzeuge müssen so nicht mehr regelmäßig nach einer bestimmten Laufzeit gewechselt werden, und Wartung und Reparaturen finden in der produktionsfreien Zeit statt.
Im Bild: Das Smartphone ist heute der Dreh- und Angelpunkt des Instandhalters: Es erleichtert die Anlagenwartung und –reparatur mit Hilfe von eigens entwickelten Apps. Instandhalter Michael Müller ist seit vielen Jahren für die Maschinen in der Leichtmetallgießerei in Landshut zuständig.