In den vergangenen Jahren hat das Thema „Häusliche Gewalt" unter anderem durch steigende Fallzahlen und neue Gesetzgebungen, wie der „Istanbulkonvention", immer mehr auf Aufmerksamkeit erhalten. Jedoch besteht in vielen Bereichen noch Handlungsbedarf. Die Landshuter Offensive gegen häusliche Gewalt (LOG) und die Hochschule Landshut unter der Federführung von Prof. Dr. Barbara Thiessen, organisierte hierzu eine Fachtagung.
Rund 320 Teilnehmer aus Medizin, Gerichten und Kanzleien, Sozialer Arbeit und Psychotherapie, Polizei und der Hochschule folgten am Donnerstag (26. März) der Einladung.
Der Präsident der Hochschule, Prof. Dr. Karl Stoffel (i.B.re.) freute sich über die Teilnehmerzahl und somit am großen Interesse an der Thematik. „Die Hochschule ist ein etablierter Partner der sozialen Einrichtungen in Landshut und der Umgebung. Ich hoffe, wir können mit dieser Tagung weitere Impulse geben und zur Verbesserung der Umstände beitragen."
Die Gäste kamen aus ganz Bayern und auch vereinzelt aus anderen Bundesländern. Es fehlt an fachübergreifendem Verständnis Mit den beiden Fachvorträgen setzten die Veranstalter die beiden Schwerpunkte des Tages. Zum einen präsentierte Dr. Karl-Heinz-Brisch, Klinikum der Universität München, das Thema „Häusliche Gewalt im Erleben von Kindern: Auswirkung auf Bindung und Entwicklung." Hierbei zeigte er auf, dass Kinder das Miterleben häuslicher Gewalt genauso beeinträchtigt und traumatisiert wie selbst erlebte Gewalt. Diese Einschätzung sei aber in Politik und Medizin noch recht wenig berücksichtig.
Zum anderen ging es um das „Kindeswohl bei häuslicher Gewalt: Kritische Einschätzung familiengerichtlicher und jugendhilferechtlicher Interventionen" von Prof. Dr. Ludwig Salgo, Goethe Universität Frankfurt. Darin benennt er den Mangel an Wissen innerhalb der Justiz über Kindeswohlgefährdung beim Miterleben häuslicher Gewalt. Bei Familiengerichten fehlt es vor allem an Einschätzungen über die traumatisierenden Folgen häuslicher Gewalt bei den Opfern. Darunter könne das Kindeswohl nachhaltig leiden.
In vier anschließenden Workshops vertieften die Teilnehmer die beiden Schwerpunkte und suchten nach möglichen Lösungen und Konzepten. Diese wurden dann auf der abschließenden Podiumsdiskussion diskutiert. Dabei repräsentierten der Landshuter Landrat Peter Dreier und Oberbürgermeister Hans Rampf die politische Seite, Dr. Gabriele Pfann, Vorstandsmitglied des Ärztlichen Kreisverbandes Landshut die medizinische Sicht sowie Werner Loher, Direktor des Amtsgerichts Landshut, und Prof. Salgo die juristische Seite.
Die Diskussion zeigte, dass der Wille da ist, jedoch finanzielle Mittel fehlen und somit es schwer sei gesetzliche Vorgaben in die Realität umzusetzen. „Diese fächerübergreifende Tagung sei ein guter Auftakt", lobte Prof. Salgo die Veranstalter. „In den Workshops seien zahlreiche Ideen, wie zum Beispiel Fortbildungsmaßnahmen für Anwälte, entwickelt worden. Diese Ansätze sollten weiter verfolgt werden."
Die Tagungsbeiträge sind in Kürze auf der Internetseite des Instituts Sozialer Wandel und Kohäsion (https://www.haw-landshut.de/forschung/ikon) abrufbar.
Das Organisationsteam und die Hauptredner der Fachtagung von links Johanna Heinrich (Caritas-Frauenhaus Landshut), Karin Boerboom (Gleichstellungsbeauftragte Landkreis Landshut), Prof. Dr. Ludwig Salgo (Universität Frankfurt), Angelika Hirsch (AWO-Frauenhaus Landshut), PD Dr. Karl-Heinz Brisch (Ludwig Maximilian Universität München), Prof. Dr. Barbara Thiessen (Hochschule Landshut), Christine Mendler-Härtl (Landshuter Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt)
Im Bild ganz oben: Bei der Podiumsdiskussion standen sich (von links) Oberbürgermeister Hans Rampf, Landrat Peter Dreier, Moderatorin Prof. Dr. Barbara Thiessen, Amtsgerichtdirektor Werner Loher, Dr. Gabriele Pfann und Prof. Dr. Ludwig Salgo gegenüber
Fotos: Hochschule Landshut